Die von denen Faunen gepeitschte Laster
by
Sidonia Hedwig Zäunemann

Part 2 out of 2



Sie liefen nicht herum und klatschten auf den Gassen.
Kurz, alles war bemüht dem Müsiggang zu hassen.

Wie aber treffen wir denn eure Sitten an?
Es dachte unser Volk ihr giengt uns weit voran,
Dieweil ihr weiß und klug und Christlich sucht zu heisen,
Als Leute von Verstand, die ihren Schöpfer preisen.
So aber finden wir daß alle groß und klein,
Kind, Vater, Frau und Mann der Trägheit Freunde seyn.
Wir thun was löblich ist; wo thut ihr wohl dergleichen.
Drum eckelt uns vor euch; ihr müst uns billig weichen.

Man sagt im Sprichwort sonst: Der Morgenröthe Licht
Das voller Glanz und Strahl in Fürsten Schlösser bricht,
Wird nicht von Prinzen leicht in ihrer Pracht gesehen;
Warum? sie pflegen oft am Mittag aufzustehen.
Jezt aft ein Bürgermann der Fürsten Mode nach,
Wenn um die Mittagszeit die Sonne das Gemach
Mit ihrem Strahl erfüllt, so weltzt man noch die Glieder,
So dehnt man noch die Arm im Bette hin und wieder.
Es macht dem Geist viel Müh, daß er den Willen bricht,
Daher man Thee, Caffee, ja Tobac, Pfeif und Licht
Gar oft ins Bett verlangt. Und wenn man auferstehet,
So heists: O! daß die Nacht so bald, so schnell vergehet.
Man klagt die Müh und Last des Lebens schmerzlich an,
Wenn man der Hände=Paar, den Mund benebst den Zahn
Zur Tischzeit regen soll. Ja was vor bittre Schmerzen
Fühlt man in seiner Brust, empfindet man im Herzen,
Wenn man zu Facultät und Richtstuhl wandern soll;
Wenn man zu Rathe gehn, wenn man drey Finger voll
Von Acten lesen muß. Wenn man auf Red und Fragen
Von Amt und von Beruf soll eine Antwort sagen.
Muß etwa der Client um Rechtliches verziehn,
Bey dem gelehrten Mann sich voller Angst bemühn,
Und um was weniges fast täglich an ihm regen.
So seufzt man: Ist doch Müh und Arbeit allerwegen.
Kein Knabe, wenn man schon die schlanke Birke regt;
Kein Mann, wenn ihn die Frau an ihrem Reichstag schlägt,
Kan sich so jämmerlich geberden oder stellen,
Als ihm die Thränen hier aus seinen Augen quellen.
Da wünscht er, tobt und flucht: Wie wird man nicht geplagt!
Ja wohl, so fährt er fort, hat David recht gesagt,
Daß Arbeit, Müh und Last bey unserm Leben wäre:
Daß Haupt=Schmuck, Rock und Kleid auch seine Last vermehre.

Das grose Licht der Welt theilt sonst die Stunden ein,
Und ordnet wenn es Tag, und wenn es Nacht soll seyn;
Allein der Müßiggang setzt andre Zeit und Gränzen,
Wenn um die Morgenwach Aurorens Strahlen glänzen;
So liegt und schlummert er noch in der ersten Ruh.
Deckt aber alles Fleisch ein stiller Schatten zu,
So pflegen allererst die Augen aufzuwachen,
Da will man erst ein Stück von Schrift und Acten machen,
Und denkt nicht, daß man sich das schönste Licht verblendt,
Wenn man ein Fremdes braucht, und Geld darzu verschwendt.

Ihr Lehrer von Athen! ihr alt berühmte Weisen!
Wie glücklich seyd ihr nicht vor aller Welt zu preisen,
Weil eurer Schüler Geist um Pallas Rauch=Altar
Und um den Musen=Hayn still, klug und emsig war?
Kein ferner Weg, kein Schweiß, kein stark und mühsam Schwitzen,
Kein ungebundner Fleiß, kein weises Stillesitzen,
Noch Lesen ward gespart; man rang nach Kunst und Ruhm,
Und schmückte durch den Fleiß der Musen Heiligthum.

Wo ist der stille Fleiß der Alten hingekommen?
Weint Musen! denn er wird jezt nicht wie vor vernommen.
Kommt Musen! klagt und seufzt, denn euer Helicon
Beschimpft der Trägheit Freund, befleckt der Faulheit Sohn.
Wer hört Aurorens Mund den guten Morgen sagen?
Wer kan das Sitzefleisch biß in die Nacht vertragen?
Wird Sträusand wohl so viel als Schnupftoback verthan?
Wer greift die Federn mehr als lange Pfeiffen an?
Der Karten Menge muß der Bücher Zahl ersetzen;
Den Degen sucht man jezt mehr als den Kiel zu wetzen.
Ein blöckendes Geschrey geht Musen=Liedern für.
Der Lais freche Stirn wird aller Musen Zier,
Ja selbst Eusebien und Themis vorgezogen.

Ja, spricht ein Edelmann: Wer Bürger=Milch gesogen,
Der mag ein Bücher=Wurm und kahler Schulfuchs seyn,
Und an dem todten Mund der Pallas sich erfreun.
Das thut kein Adlicher. An statt der Bürger Grillen,
Soll ein lebendig Buch uns Schooß und Hände füllen.
Wir stellen unserm Geist ein aufgeführtes Thor,
Die Steine in der Stadt als unsere Feinde vor,
Da suchen wir beherzt die Degen abzuwetzen,
Und sie als wie im Krieg, auf ärgste zu zerfetzen.
Und also zeigen wir, eh sich der Krieg noch regt,
Zum voraus wie man kämpft, und auf die Feinde schlägt.
Wer nennt es wohl galant, wenn man im Winkel lebet,
Und wie ein Seidenwurm sich unter Bücher gräbet?
Gescherzt, getanzt, gelacht, gesungen und gespielt,
Auf einer Lais Mund die Hitze abgekühlt,
Getrunken und gefezt, das heist galant gewandelt,
So hat mein Oheim sonst und Ahn=Herr auch gehandelt.

O! schlüge mir mein Wunsch und Sehnen jezt nicht fehl,
Schlöß sich zu dieser Zeit das herrlichste Serail
Des größten Königs auf, wie viele kluge Frauen
Und Jungfern würde man in seinen Mauren schauen.
Wie lobt nicht Salomo des Frauenzimmers Zucht,
Wenn es den Müssiggang mit allen Ernst verflucht.
Wenn Nadel, Zwirn und Flachs und kluges Hausregieren
Der Frauenzimmer Arm mit munterm Fleiße zieren?
O weisester Monarch! jezt würde man dein Haus
Von Arbeit ledig sehn; ich weiß, man rufte aus:
Hat denn der König sich und uns so gar vergessen?
Wie? soll sein Frauenvolk? wie? sollen die Maitressen
Vor Rahm und Rocken stehn? Der König braucht den Leib
Zu seiner Augen=lust, zu seinem Zeitvertreib,
Uns aber will er nicht die kleine Lust vergönnen,
Daß wir spazieren gehn, und uns ergötzen können?
Wie? sollen wir das Brod das unser Mund verzehrt
Verdienen, daß die Hand sich also selber nehrt?
Wer unsern Leib genießt, der mag uns auch versorgen,
Und solt er selbt das Geld zu unsrer Tafel borgen.

Wo ist zu dieser Zeit ein Weib, das groß und reich,
An Wirthschaft und an Fleiß der schönen Sara gleich?
Wo ist ein edles Kind in unsern deutschen Auen
So häußlich, so geschickt als Jacobs Braut zu schauen?
Tabeens nette Hand, ihr künstlich kluger Fleiß,
Erhielt wohl schwerlich jetzt den Thränen=reichen Preiß,
Den noch ihr Toden=Bret und Leichen=Tuch genosse,
Indem ein Zähren=Bach aus vielen Augen flosse;

Es ist nicht mehr die Zeit da man nur wenig schlief,
Und bald nach allen sah, nach allen selber lief,
Den Kindern und Gesind des Fleises Beyspiel wiese,
Und sich auf andre nicht, nein, auf sich selbst verliese.
Was kostets nicht vor Müh, eh man um Zehn erwacht,
Kleid, Wäsche, Band und Schu zum Anzug fertig macht?
Wie stiehlt man nicht die Zeit, wenn man die Haare stutzet,
Und seine freche Stirn zur Lust und Hoffart putzet?
Des Fensters ofnes Glaß, so mancher Pflaster=Trit,
Thee, Wein, Caffee und Spiel nimt Zeit und Tugend mit.
O! wie wird nicht die Zeit so liederlich verschwendet,
Wenn sich der Plauder=Mund zur Nachbarinnen wendet?

So schön Lucretia, so groß, so reich sie war,
So wieß sie doch der Welt und zeigte offenbar:
Daß Wirtschaft, Fleiß und Müh kein reiches Weib beflecke,
Vielmehr Huld, Ehre, Gunst bey jederman erwecke.

Ich höre schon wie mich das Frauenzimmer schimpft;
Und über meinen Reim die Nase höhnisch rümpft.
Ich höre albereits, wie sie so sinnreich schwatzen,
Wie sie Elihu gleich von Weisheit möchten platzen.
Man hält mir klüglich für: Wie manches Wunderwerk
War in der alten Zeit ein herrlich Augenmerk;
Wie manche Krieges=Kunst gieng ehedem im Schwange;
Wer weiß die Mode nicht, wie mancher lief und sange
Wenn hier ein Hochzeit=Fest und dort ein Einzug war;
Wenn eine Kreisende ein Kind zur Welt gebahr.
Wie die Philosophi vordem die Weisheit trieben;
Wie sie so wunderlich von Erd und Himmel schrieben.
Wie ward die Policey und Richter=Amt bestellt?
Drum weil denn nichts besteht und ewig dauer hält,
So ist dieß alles auch von Zeit zu Zeit verschwunden.
Wie viel vortrefliches hat unsre Welt erfunden?
Man kriegt, man lehrt, man baut nicht mehr wie ehedem,
Man ordnet, schaft und macht so wie es uns bequem,
Und jezo Mode ist; sind nun der Männer Stunden
Und Moden jezt nicht mehr ans Alterthum gebunden;
So sind wir ebenfals von alten Sitten loß.
Wo war vordem ein Weib wie jezt am Geiste groß?
Wie niederträchtig hieß ihr Wandel, Thun und Wesen,
Da sie den Schäferstab, den Wasser=Krug und Besen
Getragen und geführt; wenn sie den Flachs geklopft,
Die Kuchen selbst geknett, die Brunnen selbst verstopft,
Die Sichel angefaßt, wenn man die Garben bande?
Ziert das ein Frauenbild von reich und gutem Stande?

Jezt aber lebet man manierlich und galant,
Den Männern nicht zum Schimpf, nein, sondern mit Verstand.
Wer wird die Schlüssel stets an Arm und Händen führen?
Und seine zarte Hand mit allem selbst beschmieren?
Der Küchen=Rauch beißt nur die schönen Augen roth,
Worbey gar bald ein Fall dem Fuß im Laufen droth.
Davor ist Knecht und Magd, daß sie das Haus verwalten,
Wir aber lange Ruh und lange Tafel halten.
Davor sind Kramer da, wo man die Kleidung findt,
Davor giebts Mädgen gnug die uns zu Dienste sind.
Die Männer wollen Herr und Haupt und Väter heisen;
So müssen sie sich auch nothwendig so beweisen,
Wie dieses Wort verlangt, daß man uns Lebens=Saft,
Und was wir irgend noth, ohn unsre Arbeit, schaft.
Ein Weib muß sich doch auch ein Stündgen Ruhe schenken,
Und ihre Geister nicht durch Müh und Arbeit kränken.
Wer dankts uns Weibern denn, was wir mit Müh erspart,
Was wir mit Fleiß geschaft? ists doch der Männer Art,
Daß man uns immer schraubt: Wir könten nichts erwerben.
Wohlan! so laßt uns dann bey guten Stunden sterben.
Wird uns Lucretia zum Muster vorgestellt?
O lacht! dieß Muster zeigt die Thorheit alter Welt.
Denn hätt Lucretia in Compagnie gesessen,
Darbey den Rocken, Rad und Mägde Fleiß vergessen,
So hätt Tarquinius sie nicht so schön geacht,
Sich nicht in sie verliebt, und seine Lust vollbracht.
Sie wäre nicht durch Stahl und Eisen abgefahren.
Nein! nein! wir wollen uns vor der Gefahr bewahren.
Wir spielen lieber mit und folgen ihr nicht nach;
So überfällt uns nicht dergleichen Ungemach.

August der Römer Schmuck, August die Zier der Prinzen,
August der mächtigste an Staaten und Provinzen
Erkannte doch darbey, wie falsch das Schicksal wär;
Daß Scepter, Kron und Reich, Glück, Reichthum, Macht und Ehr
Die Unbeständigkeit als seine Schwester küsse,
Daß man vom Thron und Glük oft schnell herunter müsse.
Drum sprach sein kluger Mund zu seiner Julia:
Prinzeßin! ist euch schon das gröste Glücke nah;
Seyd ihr die Herrlichste von allen Fürsten=Kindern;
So denkt nur allezeit, das Glüke kan sich mindern.
Hat nicht schon ehedem so mancher Fürst regiert,
Den alle Herrlichkeit und alle Macht geziert,
Allein wo ist sie oft so plötzlich hingekommen?
Hat ihm das Schicksaal nicht dieß alles abgenommen?
Daß wer der gröste war, und oft der reichste hieß,
Sich endlich elend, arm und niedrig sehen ließ.
Dieß stell ich mir auch vor; dieß schwebt mir in Gedanken,
Wie leichtlich kan mein Glück und meine Krone wanken;
Wie leicht stößt mich das Glück vom Scepter, Reich und Thron,
Und jagt mich ebenfals wie andre arm davon?
Drum liebste Julia: ihr möget euch bey Zeiten
Auf Unglück, Noth und Fall vernünftiglich bereiten.
Flieht stets den Müssiggang, verschwendet keinen Tag,
Arbeitet was die Hand und ihre Kunst vermag,
Ihr wüst nicht, ob euch nicht noch eure Hände nehren.
So ließ ein Kayser sich bey seiner Tochter hören!
So sprach auch Kayser Carl (g) zu seinen Töchtern oft:
Flieht stets den Müssiggang, wie bald und unverhoft
Kan mich des Schicksaals Macht vom Thron ins Elend jagen.
Drum schickt euch auf den Fall bey annoch guten Tagen.

Wo ist zu dieser Zeit ein Bürger=Weib und Kind
Wie dieser Fürsten=Zweig geartet und gesinnt?
Wer denkt an seinen Fall, und an des Glückes Schläge,
Daß er sich vor der Zeit darzu bereiten möge?
Wer kömmt der Armuths=Last durch klugen Fleiß zuvor?
Wer haßt den Müssiggang, und hebt die Hand empor,
Daß sie sich in der Zeit zu jeder Arbeit lenke,
Damit es ihr nicht einst in schlimmen Tagen kränke?

O! hätte manches Weib, das sonst auf Küssen saß,
Und ihres Leibes=Läng auf Schwanen=Federn maß,
Sich vor der Zeit bequemt den Müssiggang zu meiden,
Vielleicht trüg sie noch jezt ein reinlich Kleid von Seiden;
Vielleicht rief nicht ihr Mund nach Wasser, Salz und Brod;
Vielleicht wär wohl ihr Aug nicht jezt von Thränen roth.
Man würde sie vielleicht anjetzo nicht verlachen,
Und sprechen: seht! sie lernt die Sachen anders machen.
Sonst grif sie nicht vor sich den kleinsten Finger an;
Jezt aber dienet sie mit Arbeit jederman.

Ich tadle nicht wenn sich ein Frauenbild bestrebet,
Daß sie nach ihrem Stand in ihrer Arbeit lebet,
Daß sie nicht öffentlich die Hand zur Arbeit reckt
Wodurch sie Vater, Mann an seinem Stand befleckt.
Daß sie die Hände nicht wie eine Magd gebrauchet;
Und wo's nicht nötig ist, die Hand in Lauge tauchet;
Daß sie zur Reinlichkeit ein Stündgen an sich wendt;
Nur dieß ist mir verhaßt, wenn man den Tag verschwendt.
(Sinnen
Wenn man den {Händen nicht zur Arbeit Flügel giebet,
{Füssen
Und nur der Schnecken-Brauch und ihre Mode liebet;
Wenn man die Arbeit so, als wie die Schlangen scheut.
Wenn man stets seufzend klagt: wie lang wird mir die Zeit!
Ich weiß vor Einsamkeit, ich weiß vor langer Weile,
Fast nicht, wohin ich jezt mich zu vergnügen eile.

Ein klug und fleisig Weib klagt vielmehr allemahl:
Wie ist mir doch die Zeit so schnell, so kurz, so schmahl;
Wenn ich vier Hände doch und so viel Füsse hätte!
Die Hände eifern fast und streiten um die Wette.
Ihr seltner Gassen=Trit hält ihr die Kleidung schön;
Und lehrt sie auf das Haus und ihre Kinder sehn,
Damit sie in der Zucht und Furcht erhalten werden.

Wie glücklich ist der Mensch der auf dem Kreiß der Erden
Der Klugheit Regel folgt, die ihm die Lehre giebt;
Der ist beglückt und reich, der Fleiß und Arbeit liebt.
Es freuet sich sein Geist wenn er bey sich erweget,
Zu diesem Glück hat mir mein Fleiß den Grund geleget.
Durch ihn erhielt ich bloß der Fürst= und Menschen Gunst.
Ich fand durch ihn den Weg zu mancher raren Kunst.
Es kennen mich durch ihn die klügst= und grösten Häuser.
Der Fleiß band mir den Kranz und diese Lorber=Reiser.

* * *

Die Ehre ist ein Trieb der angebohren ist;
Die Ehre ist ein Ziel wornach ein Weiser schießt;
Ein Kluger ist bemüht, mit Ernst darnach zu ringen,
Und sich durch Müh und Fleiß erwünscht empor zu schwingen.
Sein Geist bestrebet sich um des Monarchen Gunst,
Von welchem alles Glück, Macht, Ehre, Reichtum, Kunst
Und Tod und Leben kömmt. Er ringt nach solchen Sitten,
Wodurch der Fürst der Welt bekämpfet und bestritten
Und überwunden wird. Er ist in sich vergnügt,
Wenn er sich überwindt und seinen Muth besiegt.
Wo eine Tugend ist, und wo ein Lob regieret,
Dem jagt er ernstlich nach, damit ihn solches zieret.
Den Degen zücket er auf königlich Geheiß,
So tapfer als auch klug zu seines Fürsten Preiß,
Dem Vaterland zu Nutz, und nicht aus eignem Willen,
Wie mancher raßt und thut, nur seinen Zorn zu stillen.
Ein Weiser überhebt sich seines Adels nicht,
Daher er nicht so gleich von Bügern spöttisch spricht!
Er zeigt sich jederman mit Freundlichkeit und Güte
Und unterdrückt den Stolz in seiner ersten Blüthe.
In Demuth sucht er Ruhm in Niedrigkeit die Pracht,
Die ihn berühmt, beliebt und groß und glücklich macht.
Sein Geist bemühet sich den Fürsten treu zu heisen.
Sich allezeit gerecht und löblich zu beweisen.
Er will sich durch sich selbst und nicht durch Geld erhöhn;
Nicht um ein leeres Amt und Hunger=Titel flehn.
Er trachtet mit Vernunft die Feder so zu schnitzen,
Damit er würdig sey die Ehre zu besitzen.
Nach solchem Stolz und Ruhm, nach solcher Ehren=Bahn,
Strebt ein bescheidner Geist und klug und weiser Mann.

Die Welt aft allen nach, sie prahlt mit falschen Steinen,
Schleift Gläser; die gar oft als Diamanten scheinen.
Der falschen Perlen Glanz vertrit der wahren Ort,
Das rein und ächte Gold muß oftmals heimlich fort,
Und glänzendes Metall an dessen Stelle kommen.
Doch der Betrug wird bald von Kennern wahrgenommen.

Die wahre Ehre strahlt in ihrem eignen Licht,
Da es der närrschen Welt an ächtem Glanz gebricht.
Wer kan wohl ganz gewiß, mit Überzeugung schwören,
Daß ihm der Adel=Brief und Wappen zugehören.
Die Leute sagens wohl, der Vater glaubt es zwar,
Doch lacht die Mutter oft, die ihn zur Welt gebahr.
Wer weiß, welch geiler Kerl ein Neben=Bett gehalten?
Es giebt ja Leute gnug die gern dieß Amt verwalten.
Wer weiß, wie mancher Knecht die edle Frau geküßt,
Von dessen Bauren=Blut das Kind entsprungen ist.
Doch lassen sie sich mehr als Bürger=Kinder dünken,
Die gleichsam als ein Koth vor ihren Nasen stinken.
Die Ehrlichsten des Volks, die Würdigsten der Stadt,
Und wer ein gutes Lob und Gunst und Liebe hat;
Die heist man Bürger=Pack; man kan sie fast nicht leiden,
Man sucht sie wie die Pest und sonst noch was zu meiden.
Man fragt mit stolzen Mund im Umgang ganz genau:
Ist das ein Cavalier? dieß eine gnädge Frau?
Fällt dann die Antwort nein! so fragt man mit Erröthen;
Wie kömt es? ist den Saul auch unter den Propheten?
Die Ehre heiset mich auf meinen Adel sehn,
Es schickt sich nicht vor mich mit Bürgern umzugehn.
Ein Junker, der nichts mehr als seine Stute kennet,
Worauf er in das Feld nach denen Haasen rennet,
Und bricht mit seinem Witz in diese Worte aus:
Poz Felten! o Charmant! Sie haben dort hinaus
Vortreflichen Respect; ein Weib von solchen Saamen,
Die nur von ihrem Vieh, von Wetter, Puz und Rahmen
In der Gesellschaft spricht; ein Weib das herzlich lacht,
Wenn ihr Bedienter ihr ein süsses Kurzweil macht;
Ein Fräulein welche fast in Evens Kleide gehet,
Und in der Ordens=Zunft der Minoritten stehet,
Die sag ich, schimpfen noch die Würdigsten im Land,
Und reden voller Hohn vom wackern Bürger=Stand.

Ist schon das Ritter=Gut durch ihre Pracht verschwunden,
So hat der dumme Stolz doch noch sein Schloß gefunden.
Wer nicht stets Gnädge Frau, und Ihro Gnaden spricht,
Der wird als grobes Pack aufs ärgste ausgericht.
Wenn sie das Sonnen=Licht mehr als die Eiche hitzet;
Und man vor heiser Angst die kalte Tropfen schwitzet,
Weil sie der Secten Schwarm der Manichäer plagt,
Wenn gleich der Junkern Mund ganz unaufhörlich klagt:
Herr Vater! ach mich dürst! ach gnädige Frau Mutter!
Ich bitte nicht um Fleisch, um Kuchen, oder Butter,
Ich bitt und flehe nur um schwarz und trocken Brod,
Nur wie ein Finger groß, nur von gar wenig Loth.
(Papa klingt viel zu schlecht: es heist, sprich: Ihro Gnaden!
Wo nicht, so soll es dir an Brod und Kofend schaden.)
So lassen sie doch nicht bey ihrem Pilgrims=Stab
Von solchen Narren=Stolz und Thoren Hochmuth ab.

Dieß reizt die Bürger an, die Ehre zu betrachten,
Da sie doch ihren werth, durch solchen Trieb verachten.
Ein Bürger, der das Mark aus Land und Bürgern sog,
Der seinen frommen Herrn mit List und Schein betrog.
Erkauft den Ritter=Stand, und läßt sich adlich nennen;
Da ihn die Tugenden des Adels doch nicht kennen.
(Das ist schon edel gnug, wenn ihn das Volk begehrt,
Und spricht: Der ist getreu; der ist des Glückes werth:)
Ein Bürger, welcher sich durch Korn und Haber messen,
Durch ausgedehnte Ehl und Jüdische Intressen,
Und durch den Pfeffer-Staub groß, reich und stolz gemacht,
Wenn er nach Adel=Brief und Ritter=Wappen tracht;
Ein Bürger, welcher sich nach Hunger=Titteln dringet,
Durch seinen neuen Staat das alte Gut verschlinget;
Und durch dieß Ehren=Thor in Noth und Schande fällt;
Heist dieß der Ehre wohl vernünftig nachgestellt?

Ein Mann der einen Grad der Ehre kaum erblicket
Verlangt, daß jeder sich aufs tieffste vor ihm bücket,
Vermeint daß seine Ehr durch einen holden Trit,
Durch Freund= und Höflichkeit nur Schimpf und Anstoß litt.

Verliehrt die Ehre sich durch Freundlichkeit und Güte?
O nein! man sieht vielmehr, daß ein beliebt Gemüthe,
Ein allzeit höflicher und Sittenvoller Geist,
Fast aller Menschen Gunst und Liebe zu sich reist,
Ein jedes rühmet ihn, und spricht zu seinen Ehren.
Dieß, und kein stolzer Muth kan wahre Ehre mehren.

Ich weiß, es lacht mit mir die ganze kluge Welt,
Wenn ein gebrüster Mann auf diesen Wahn verfällt
Sein Titel sey etwas, den er doch darum führet,
Weil er die Gassen=Vögt und Bettler gubernieret.
Ein Jubelier der sich von Feuersteinen nennt;
Ein Commissarius, der wenn es etwa brennt,
Die Spritzen ordnen darf; der Kiel und Feder führet,
Wenn man ein Huren=Kind als ehrlich tituliret;
Ein Kaufmann neuster Art, bey dem man alles findt,
Und was denn wohl vors Geld? den allerschönsten Wind.
Drey Büchsen voller nichts; vor acht und vierzig Kreuzer
Zwey Quintgen fettes Schmalz aus dem Gebürg der Schweizer.
Ein halb Pfund Mandelkern ein halber Zucker=Hut,
Vier Stück Muscaten=Nuß, die alt, und folglich gut;
Sechs Dachte, welche rein, und schön und auserlesen,
Ein ganzes Schwefel=Pack, ein Dutzend gute Besen;
Ein Mann der nur den Kiel vor Vormunds=Rechnung führt,
Der seine Hauptmannschaft mit samt dem Schmauß verliehrt,
Vor ein Philister=Rohr, vor Born und Wache sorget;
Ein Mann der Hülfreich lauft wenn jemand Gelder borget,
Die sag ich, fällt mir nicht ein jeder lachend bey?
Die machen oft von sich ein groses Luft=Geschrey.
So wohl beym Aufgeboth als Tod= und Leich=Gepränge,
Erschallen überall der Titel grosse Menge:
Davon ein jeder doch so schön und artig klingt,
Daß einem bald vor Scherz der Bauch in Stücken springt.
Sie können schon das Amt des Vomitivs verwalten,
Ich muß, mir eckelt selbst, den Mund schon veste halten.

Dieß Volk ruft frech und stolz: Ich seh auf Ruhm und Ehr;
Wo wüste sonst die Welt wie ich zu nennen wär;
Ich fordre meinen Rang; denn wer nicht auf sich siehet,
Und sich um Glanz und Ruhm und Ansehn nicht bemühet,
Und nicht was auf sich hält, der wird auch nicht geacht,
Ihm wird kein Compliment nach seinem Wunsch gemacht.

Wie sieht man nicht die Welt vor falscher Ehrsucht rasen?
Drum klagt man, daß das Feld und Wald so leer von Haasen
Zu unsern Zeiten ist, dieweil man in der Stadt
Dergleichen artig Vieh mit zweyen Füssen hat.

Die Ehre, vor der Welt bekannt und klug zu heisen;
Der Ruhm, ein Zeitungs=Blat den Knaben aufzuweisen,
Das ihren Nahmen meldt, lockt viele Thoren an,
Daß sie ihr Hirngespinst, was der verderbte Wahn
In ihre Feder flößt, so närrsch die Worte klingen,
So Wiegenhaft es riecht, der Welt zu Markte bringen,
Wie Lohrgen dort gefehlt; was Dorilis geschwazt;
Wie Phillis ihrem Mann Aug, Mund und Bart zerkratzt;
Was Strephon wiederfuhr, da er ein Kräutgen suchte;
Wie scharf Luppinens Mund den falschen Buhlern fluchte;
Was Thalon aufgesetzt, was jene Frau gewust
Die bey der Wiege saß; wie stark der Floh gehußt
Als Meister Stephans Sohn mit Fickgen Hochzeit machte;
Was dort ein Wasserstrom ans Land getrieben brachte;
Wie viel man Bücher hier in einem Jahr gedruckt;
Wie viel Melintes Kraut und Pillen eingeschluckt;
Wie viel es Mönche giebt, die weise Kutten tragen;
Wie viel Partheyen sich im Schöppenstuhl verklagen,
Obs recht, daß man das I an statt des Y setzt?
Ob man die Reinigkeit der Sprache nicht verletzt?
Wenn man, wie oft geschieht, das Wort Gemüthe schreibet,
So, daß das liebe H darbey zurücke bleibet.

Wenn dieß der Feder=Held, wenn dieß der Criticus
(Der Nahme macht schon Angst wenn ich ihn nennen muß.)
Hat aufs Papir geschmiert, und in die Welt gesendet,
(Daß jeder kluger sieht, wie sein Verstand verblendet)
Und manchen Drucker reich, sich aber arm gemacht,
Und seinen Nahmen nun auf manchem Blat betracht,
So lacht er über sich, daß er in Süd und Norden
(Durch seinen Unverstand,) bekannt genug geworden.
Es freuet sich sein Geist wenn Kind und Pöbel spricht:
Das ist ein kluger Mann! desgleichen ist wohl nicht!
Gelehrte sagen auch, wo ist wohl seines gleichen?
Wo wird ein kluger leicht des Narren Sinn erreichen?
Vor Freuden bildt er sich (der Wahnwitz giebts ihm) ein,
Er muß ein Journalist und Polyhistor seyn;
Und zwar der Wichtigste; er saget allen Leuten,
So muß man sich den Weg zu Ehr und Ruhm bereiten!
Nur diesen streb ich nach, und unterdrucke nicht
Die Regung die in mir durch Mark und Adern bricht.
Er jauchzet, wenn er sieht, daß seine schöne Sachen,
Die man zu Käsen braucht, die Leute lachend machen,
Und wenn ein trunkner Mund, der nach der Pfeife stinkt,
Bey einem Glaß voll Bier, sein Stückgen ließt und singt.

Wie manches Zuchthaus ist vor liederliche Vetteln,
Die nur aus Müssiggang ihr Brod zusammen betteln,
Verordnet und gebaut. Allein ist keins zu sehn?
Das denen Hülfe schaft, die sich so thörigt blöhn.
Wer weiß, wenn Pallas selbst die Züchtgung auf sich nähme,
Ob der verlohrne Witz nicht etwa wieder käme?
Doch nein, Minerva bleibt auf ihrem Helicon,
Was soll sich ihre Hand mit Midas theuren Sohn,
Mit Pans Geschlecht und Brut erhitzen oder schlagen?
Wer nicht will weise seyn, der mag die Schellen tragen.
Es muß der Unterschied in jeden Sachen seyn,
Dieß trift auch ebenfals bey diesen Leuten ein;
Pan liebt der Stümper Schaar; Apollo ist gerechter,
Der straft sie, und wormit? mit ewigem Gelächter.

Wer ist wohl der sich nicht vor den Franzosen scheut?
Doch unser Jungfervolk setzt diese Furcht beyseit,
Und glaubt aus hohem Geist und voller Ehrbegierde
Die Sprache dieses Volks erhöhte ihre Zierde.
So löblich jedes Volk auf seine Sitten hält;
So wohl ihm seine Zucht und ganzes Thun gefällt,
Haßt doch das Jungfervolk der sonst berühmten Deutschen
Die Titel ihres Lands: Sie lassen sich ehr peitschen
Eh sie den neuen Brauch der Franzen Titel fliehn.
Wo sieht man Jungfern jezt von Müttern auferziehn?
Nur Mademoisellen sind zu unsrer Zeit zu kriegen.
Soll denn in diesem Wort mehr Glanz und Ehre liegen?
O falsche Ehr und Ruhm! klingt Jungfrau nicht so schön
Als Mademoisell? Wie soll ich das verstehn?
Daß man sich dieses Worts und schönen Titels schämet,
Und seines Nahmens Glanz mit fremden Gold verbrämet.
Wär der in Spanien sonst übliche Tribut
Bey uns jetzt im Gebrauch, das wär fürwahr nicht gut.
Man könte warlich nicht die Zahl der Jungfern stellen:
Warum? Wir haben nichts als lauter Mademoisellen.

* * *

Corintho ist verbrannt; Corintho ist verstöhrt;
Sie ist in Schutt und Stein in Asch und Staub verkehrt.
Der Reichthum, Stolz und Pracht, ihr herrliches Vergnügen,
Sieht unter diesem Schutt so mancher Pilgrim liegen.
Ihr Grabmaal stellet uns noch ihren Abschied vor:

Mein Wandrer! wer du bist, mein Ansehn und mein Flor,
Mein schön und herrliches, und höchst vergnügtes Leben,
Hat mir den Untergang und Aschen=Gruft gegeben.

Corintho wär verwüst! wendt Lucifer bald ein.
Nein! nein! ihr Ebenbild wird noch zu finden seyn.
Ein Phönix stirbt zwar wohl, jedoch sein Aschen=Hügel
Bringt einen andern vor, der stark und frische Flügel,
Und neue Kräfte hat. So giengs auch dieser Stadt;
Ihr Staub, der in der Welt sich ausgetheilt hat,
Und sich durch Nas und Haupt und Hirn hindurch gedrungen,
Hat nun der Deutschen Sinn nach meinem Wunsch bezwungen;
So, daß nun manche Stadt Corintho Trieb erlangt,
Daß sie im Todte noch durch ihre Laster prangt.
Büß ich Corintho ein, ist sie nicht mehr vorhanden,
Was schadts! aus ihrem Staub ist manche Stadt entstanden.
Ich, ich, als ein Monarch, spricht Lucifer noch mehr,
Ich finde nicht allein bey Mächtigen Gehör;
Nein auch bey denen selbst, die nur in Hütten leben,
Bey denen die aus Noth sich in den Dienst begeben,
Die sich von Stahl und Blut, die sich vom Fremden Raub;
Die sich von fauler Milch; die sich vom Pfeffer-Staub;
Die sich vom Herings=Schwanz von Oel, von Salz und Butter;
Die sich von Ehl und Zwirn und Hosen=Unterfutter;
Die sich von Korn und Vieh; die sich von Zeitungs=Wind,
Und was ihr freyes Maul erzehlet und erfind;
Die sich von alle dem und andern Sachen nehren;
Die zu dem Niedrigsten in Stadt und Land gehören;
Die sinds, die meine Stadt Corintho auferbaut,
Und die mein Angesicht, als Reiches Säulen schaut.

Wie Nero dort auf Pracht und Wollust viel gewendet,
Und wie Cleopatra den grösten Schatz verschwendet;
Wie sich die Jesabel gezieret und geschmückt;
Dieß wird bey Adlichen und Bürgers=Volk erblickt.
Die wollen jezt an Pracht und zärtlichen Geberden,
An stolz und fetten Tisch den Größten ähnlich werden.

Da Jacobs Saamen noch des Stiftes Hütte sah,
Da unter Knall und Glut der Allmacht Wort geschah,
Da war die Demuth noch das Augenmerk der Grosen,
Es suchte jederman um ihr Gewand zu losen.
So hoch, so königlich, so frey das Volk regiert,
So viel es Seegen auch an Zeitlichen verspührt,
So wurde doch ihr Leib nicht prächtig eingehüllet,
Die Lippen wurden nicht mit Leckerey erfüllet,
Scharlachen, Rosinroth, das war von ihnen fern,
Sie widmeten es nur zum Heiligthum des HErrn.
Das beste ihrer Kost, das niedlichste der Speise,
Verehrten sie dem HErrn, zu seinem Hohen Preise.
Ihr Freud, ihr Ehren=Mahl bestande nur indem,
Was die Natur gezeugt, was der Natur bequem
Gesund und dienlich war; ein Stückgen guter Semmel;
Ein Stück vom jungen Kalb; ein Stück von fetten Hemmel;
Ein Kuchen, den die Frau auf nette weise buck;
Ein Wildpret, das der Mann selbst in die Küche trug,
Das zierte Haus und Tisch; sie haßten Lecker=Sachen,
Die das Geblüte schwer die Sinne trunken machen,
Und was das Leben sonst betrübt verkürzen kan.
Sonst lebte manches Weib, sonst lebte mancher Mann
Ins höchste Alterthum. Jezt muß er früh bey Jahren,
Durch Mißbrauch seines Guts ins Reich der Todten fahren;

Wohin mein Genius? du führst mich durch die Luft
Nach Rom, wo dein August in seiner Marmor=Gruft
In Lorber=Reisern schläft. Er regt sich! seine Glieder
Beleben sich aufs neu; sein edler Geist kömmt wieder.
Er ruft uns freundlich zu: Ich sprach zu meinem Kind:
Weil stolzer Kleider=Pracht der Hoffart Fahnen sind,
Und von der Schwelgerey ein freyes Zeugnis geben,
O! so gewöhne dich dem stets zu widerstreben.
Ich gieng ihr und dem Volk mit meinem Beyspiel für,
Ich unterdrückte stets die lüsterne Begier.
Ein wohlgewachsen Kraut, das die Natur getrieben;
Ein Mahl von lieblichen und wohlgebratnen Rüben
War damahls meinem Mund und Magen süß und schön,
Und niemand suchte mich deswegen zu verschmähn,
Indem mein Ansehn, Ruhm und Ehrfurcht, Ehr und Liebe,
Doch allezeit darbey in vollem Glanze bliebe.
Wie glücklich war die Zeit, in welcher ich regiert;
Wie glücklich war ich nicht, da ich den Thron geziert;
Bestieg ich jezt den Thron; wie würd man mich verlachen,
Und manchen Hohn=Gesang aus meiner Tugend machen?
Der Ritter höhnte mich nebst jedem Bürger aus,
Man spräch mit gröstem Spott: Hält der so sparsam haus?
Will der kein zartes Kleid an seinem Leibe tragen?
Sich nicht in schönem Stoff, in Sammt und Purpur schlagen?
Drum wohl mir, daß ich jezt in meiner Kammer ruh.
Ich laß die Welt und schließ die Augen wieder zu.

So hoch als unsre Zeit an schön galanten Lügen,
An Wissenschaft und Kunst und Treflichkeit gestiegen,
So viel Geheimniß man ergründet und entdeckt,
So sehr wird der Verstand im Gegentheil versteckt,
Wenn man so Geist als Leib dem Stolz und Pracht ergiebet,
Der Eltern Schweiß verpraßt, und die Verschwendung liebet.
Heist das wohl mit Vernunft des Glückes Pfund genützt,
Wenn man ein güldnes Bild an Thür und Wagen schnitzt?
Der Diener Kleider=Stoltz durch reiche Dressen mehret?
Auf Fürsten Betten schläft, auf Prinzen Kutschen fähret?
Die Bilder geiler Zeit, die Götter alter Welt,
Gar oft zur Aergerniß, in Gäng und Gärten stellt?
Allwo die Wasserkunst das Geld so gar verspritzet,
Wo mancher Aff und Bär an statt des Wächters sitzet.
Heist das wohl mit Vernunft das Erbtheil angelegt,
Wenn man das, was man sieht in seine Gärten trägt,
Und sich ein Labyrinth zur Pracht mit Schulden gründet?
Da man den Eingang wohl; doch nicht den Ausgang findet?
Heist das wohl klug gethan, wenn man Saal, Zimmer, Haus
Mit aller Kostbarkeit, biß an das Dach heraus,
Die Welschland, Gallien und Indien uns schicket,
Aufs allerprächtigste bekleidet, ziert und schmücket?
Die Zimmer übrig füllt; die Beutel aber leert?
Und eine bunte Wand als einen Götzen ehrt?
Sucht wohl die Tugend uns zu diesem anzulocken,
Daß man den Glieder=Bau wie stolze Kinder=Docken
Auf lächerliche Art und Vielfach prächtig kleidt?

Da Adam und sein Weib die grose Herrlichkeit
Im Paradieß verlohr, da trugen sie, ach leyder!
Zum Zeugniß ihres Falls, ein Fell an statt der Kleider.
Kein Dieb prangt mit dem Strick, der seinen Hals umschlug,
Selbst Eva schämte sich da sie die Kleidung trug.
Wir aber lassen uns so sehr den Kopf verrücken;
Wir prangen höchst vergüngt mit unsern seidnen Stricken,
Die unsrer Eitelkeit und Thorheit Zeugen seyn.
Flößt dieses die Vernunft; giebt dieß die Tugend ein,
Daß man den Leib fast stets als zum Triumphe schmücket,
Die Kleider reich mit Gold und Silber übersticket,
Und kostbar ausstaffirt? daß man nach höchster Pracht
Die Kleider schön von Zeug und auf das feinste macht?
Daß man den Überfluß so gar auch nicht vermeidet,
Sich wo nicht wöchentlich, doch vierteljährig kleidet;
Sich selbst zum Räuber wird; sich diebisch selbst bestiehlt,
Biß daß man endlich Schimpf, Noth und Verachtung fühlt.

Wie thörig ist es nicht, wenn stolze Geister denken,
Als könnt ein kostbar Kleid mehr Furcht und Ehre schenken,
Wirst du ums Kleide wohl vor andern mehr geliebt?
Meinst du, daß dir das Glück darum was grössers giebt?
Verbessert sich dein Stand um deines güldnen Degen,
Um deines stolzen Kleids und güldner Zwickel wegen?
Geh! prange wie du wilst, in einem ofnem Saal;
Stolziere wie du wilst, by einem Freuden=Mahl,
Dein Stand, und nicht dein Kleid wird dir den Vorsitz geben.
Das Kleid kan nicht den Mann, wenn er nichts gilt, erheben;
Der Mann giebt nur allein dem Kleide Glanz und Zierd,
Wenn er die Tugenden in Wort und Wercken führt.

Trät Ahasvers Gemahl jezt unter unsre Frauen,
Was würde nicht ihr Aug vor Pracht und Hoffart schauen!
Ich weiß es spräch ihr Mund: Ich trug mein Königs-Kleid
Niemahls zur Lust und Pracht, und bloß zu solcher Zeit
Wenn ich als Königin im Schmuck erscheinen muste,
Weil man da nichts von Pracht und stolzem Aufputz wuste.
Jezt stellt das Frauenvolk sich auch den grösten gleich;
Macht Mann und Kinder arm, die Krämer aber reich;
Sammt, Pelzwerk, theurer Stoff, und breit und stolze Dressen,
Band, Spitzen, Leinewand, was Fürstliche Prinzessen
Nur auszuschmücken pflegt, was ihnen bloß gebührt,
Kauft jede Edel=Frau, die sich mit solchen ziert;
Dieß ist der Schmuck in den sich Bürger=Weiber schlagen;
Dieß ist der Schmuck den gar der Zünfte Weiber tragen.
Kein modenhaftes Stück kömmt von der Seine her;
Kein theures Zeug bringt man vom Po und Mittel=Meer
Und von der Themse=Strohm, das Weib gaft schon nach allen,
Und solte auch der Preiß aufs allerhöchste fallen.
Was sonst ein vornehm Weib im ganzen Kleid verthat,
Das ist anjezo kaum der Kopf= und Spitzen=Staat.
So prächtig war sonst nicht ein adlich Haupt geschmücket,
Als man anjezt den Fuß der Bürgerin erblicket.

Im Stand nimmt man nicht nur die Ordnung nicht in acht;
Er wird im Alter auch gewiß sehr schlecht betracht;
Ein Weib, das fast so alt, als wie die graue Sare;
Das kaum auf ihrem Haupt ein Dutzend weise Haare
Und einen hohlen Zahn in ihrem Munde trägt;
Da jede Runzel sich in tiefe Falten legt,
Das Kind und Kindes=Kind als Grose=Mutter ehren;
Das will doch noch die Zahl der Hoffarts=Narren mehren;
Dieß geht oft noch so bunt und prächtig ausgeschmückt,
Als man die Töchter kaum und Kindes=Kind erblickt.
Von Rückwärts könte wohl ein Jüngling leicht verfehlen,
Und eine sechzige vor sechzehnjährig wehlen.
Sie dörften warlich nicht beym Felsenburgern stehn,
Wo die Matronen nur modest und erbar gehn,
Hingegen aber das, was jung und munter heiset,
Sich eines hellen Zeugs und bunten Kleids befleiset.

Wär Davids Fürsten=Kind, die Thamar jetzt allhier
Und sie verlöhre sich: O mein! wo würden wir
Sie unter unserm Volk und Frauenzimmer finden?
Die meisten pflegen sich in Röcke einzuwinden
Die Thamars Fürsten=Rock gar gleich und ähnlich sind.
Wo sich ein bunter Stof von theurem Wehrte findt
Darein verhüllt man sich; man sticket goldne Stöcke,
Und Silber=Muschelwerk, und Blumen in die Röcke,
Daß mancher, der es sieht die närrsche Meinung hegt,
Es sey ein Fürsten=Kind das solchen Aufputz trägt.
Man kan jezt adliche und bürgerliche Frauen
Im Pracht und Kostbarkeit als Prinzeßinnen schauen.

O Schade! daß doch nicht die kluge Vorsichts=Hand
Euch gleichen herrlichen und hocherhabnen Stand,
Der Hoffart gnug zu thun, in dieser Welt bestimmet,
Weil doch ein solches Feuer in euren Herzen glimmet.
Was vor ein herber Schmerz und bittre Seelen=Pein,
Muß dieses eurem Stolz und blinder Hoffart seyn?

Jedoch nur unverzagt! wer weiß wie sichs verkehret,
Ob euch die Ehre nicht auch einmal wiederfähret,
Die jenem Bauersmann auf Tag und Nacht geschehn.

Man sagt es könte sich die Erde täglich drehn;
So oft auch dieß geschieht, so hat der Moden Sitten
Doch diesen Erden=Klump im Wechsel überschritten.
Wie oft verkehrt man nicht die Mod= und Kleider=Tracht?
O! würde sie nur nicht auch närrischer gemacht!
Die Haare werden nicht mehr zierlich aufgekräuset,
Man meint, es läßt galant, wenn man sie hangend weiset.

Ihr Schönen! seht euch vor, weil, wie die Rede geht,
Ein merklicher Proceß im Schöppenstuhl entsteht.
Es heist, das Schäfervolk wär klagend eingekommen,
Man hätt von ihrer Heerd die Hunde weggenommen,
Und mit dem Budel=Fell die Häupter ausgeziert.
Drum seht euch vor; vielleicht, daß ihr das Recht verliehrt;
Die Schäfer dringen drauf, sie wollen was gestohlen
Von euren Häuptern selbst mit Nachdruck wiederhohlen.
Drum so vertraget euch mit einem gütgen Sinn,
Und gebt das Budel=Fell den Schäfern wieder hin.

Was vor Veränderung ist doch mit Stirn und Wangen
Der Schönen biß daher so öfters vorgegangen?
Ja unser Frauenvolk gönnt nicht dem Firmament,
Daß Sonne, Mond und Stern an solchem feurig brennt;
Drum lassen sie sich auch in ihrem Kopfe deuchten,
Es müß die kleine Welt mit gleichen Fackeln leuchten.
Drum wird aufs Angesicht als auf ein freyes Feld,
Auch Sonne, Mond und Stern zum Zierath aufgestellt.
Wenn jener Lichter Schein auf blauen Grunde strahlet;
So wird der untern Glanz auf weisen Grund gemahlet.
Und weil die Obersten nur vor die Nacht bestimmt,
Indem ihr heller Glanz die Finsterniß benimmt.
(Dieweil dem lichten Tag kein solcher Glanz vonnöthen.)
So nimmt und schneidet man dergleichen Welt=Planeten
Von schwarzen Taffend aus, und fragt wohl: läßts nicht schön,
Wenn Sonne, Mond und Stern im Angesichte stehn?

Vielleicht befürchten sich jeztunder unsre Schönen,
Das Mannsvolk möchte sich nach Perser=Art gewöhnen.
(Denn dieser schickt vorher zu der erkohrnen Braut
Die nächste Freundin hin, die sie mit Fleiß beschaut,
Ob sie vollkommen ist. (Denn bey den Amazonen
Wird wohl kein Mannesbild so leicht nicht wollen wohnen.)
Drum zeigt das Frauenvolk vollkommen aufgedeckt,
Daß keine Amazon' in ihrer Schnürbrust steckt:
Und folglich man auch nicht die schöne Weiber=Gabe
Nach Persischem Gebrauch erst zu erforschen habe.

Man thut in diesem Stück den Schönen auch zuviel,
Als ob denselbigen die Sorgfalt nicht gefiel.
Man hört und siehet ja wie sie vom frühen Morgen
Biß auf die Abend=Zeit vor das so mühsam sorgen:
Was auch so gar versteckt, und nicht ins Auge fällt.
Allwo der Unterrock den ersten Platz behält.
Das Knie-Band folget nach. Wer hats euch denn gepfiffen,
Es würd nach selbigen gesehn, wohl gar gegriffen?
Wer kan denn vor das Spiel! man thut, was dieß gebeut!
Wer kan denn vor den Scherz und vor Geschwindigkeit!
Um nun das schöne Lob der Reinlichkeit zu hören,
So sucht man alles dieß mit Schönheit zu vermehren.

Ich weiß warhaftig nicht woher es weyland kam,
Daß eine Frau das Band von Bachi Throne nahm,
Um einen neuen Thron, worauf sie könte sitzen,
Zu bauen, und zugleich die Arm zu unterstützen.
Das Schicksaal führte sie mit samt dem neuen Thron
Zu einem Musen=Sitz, woselbt sich Bachi Sohn
Vor andern sonderlich im Schreyen hören liese.
Doch als ein Schnorren=Schwarm auf Bachus Brüder stiese
(Und man sich vor dem Feind durch eine Freystadt schützt
Der zornig wieder uns mit Stahl und Eisen blitzt)
So rief dieß tapfre Weib: Nur unverzagt und munter!
Hier ist mein Reifrock! eilt! und kriechet alle unter!
Der soll vor Wach und Schnorr und sonst geheime Pein
Der allerbeste Schutz und sichre Freystadt seyn.
Die Pursche ruften hoch! und schrien mit grosen Schalle:
Wir bitten flehentlich: Ihr schönen! leget alle
Dergleichen Röcke an. Wir wollen wieder sehn,
Wie wir zur andern Zeit euch wo zu Dienste stehn.
Gesucht, gewünscht, geschehn. Wer nur galant wolt heisen,
Der muste sich alsbald auf diese Tracht befleisen.
Die Gassen kamen drauf darwieder klagend ein,
Sie würden fernerhin nicht breit und räumlich seyn,
Sie wandten klüglich für: Die Weite würde ihnen,
Den Jungfern nehmlich selbst, noch mehr zum Schaden dienen:
{Stuffen
Weil ein zu weiter Rock an alle {Ecken stößt,
So reißt die Seide auf daß sich der Faden lößt,
Und also desto ehr das Kleid zu Grunde gehet.
Die Männer fielen bey: Die Mode widerstehet
Der Weiber Sparsamkeit. Das Kleid, das man vordem
Zu Putz und Nothdurft trug, wird dadurch unbequem,
Dieweils den weiten Rock nicht decket noch bekleidet:
So nimt man denn zwey Stück, woraus man eines schneidet.
Da heist es: Männgen! thu zum neuen Kleider=Kauf
Nur ohne Widerspruch den Beutel willig auf.
Heist das nun nicht den Mann und Vater zu bestehlen?

Allein kein gutes Wort noch sonst ein ernsthaft Schmehlen
Galt bey dem Frauenvolk. Man sprach: es bleibt darbey,
Daß nur ein groser Rock in Zukunft Mode sey,
Und wo die Männer uns nicht neue Kleider schaffen,
So wollen wir so lang nicht bey denselben schlaffen,
Biß sich ihr Eigensinn nach unserm Willen bricht.

Wie artig fällt es nicht in aller Angesicht,
Wenn eine Knochen=Lust, wenn eine Härings=Seele,
Ein Weib aus Liliput solch ungeheure Höhle
Zu ihrem Sitze wehlt? Es sieht so zierlich aus,
Als ragt aus einem Faß ein Weiden=Hölzgen raus.

Und weil das Mannesvolk vom Staub die Schuh beschmutzet,
So werden sie dadurch beständig abgeputzet.
So zeigt das Frauenvolk durch diese Dienste an,
Wie sie zum voraus schon den Männern unterthan.
Es kan das Mannesvolk sich würklich glücklich achten,
(Weiber
Daß {Jungfern auf der Straß die Schu zu putzen trachten.

Wie öfters werden uns die Augen nicht berückt,
Wenn man bald hier und da ein Frauenbild erblickt,
Das Achsel, Leib und Haupt und Hals mit Bändern zieret,
Und wie ein Kutsch=Pferd prangt, das Hochzeit=Gäste führet.

Ihr Jungfern! die ihr euch nur wie es euch gelüst,
In eurer Kleider=Tracht nach Pfauen=Weise brüst,
Und euch aufs herrlichste und allerbeste kleidet,
Und auch den Überfluß in Hoffart nicht vermeidet.
Was reizet euch darzu daß ihr so prächtig geht?
Vielleicht ist das der Grund, warum ihr euch so blöht,
Daß ihr dem Mannesvolk wolt in die Augen fallen,
Ob etwa ihre Brust vor Liebe möchte wallen,
Daß man euch in das Buch der Bräute schreiben soll?

Die Reizung ist zu frech! die Lockung ist zu toll!
Das Mannsvolk ist zu klug, das läßt sich wohl durch Schmücken,
Durch Frechheit, Stolz und Pracht so leichte nicht berücken.
Je gröser eure Pracht; je kleiner ist ihr Trieb,
Und desto weniger gewinnen sie euch lieb.
Glaubt, desto stärker ist die Furcht vor euren Strahlen,
Sie denken, wer dich freyt, der muß nur immer zahlen;
Der muß, was er erwirbt, verdienet und gewinnt,
An deine Kleider=Pracht, du stolz und müssig Kind!
Mit heimlichem Verdruß und Schaden nur verwenden,
Und wohl noch gar darzu sein bestes Gut verpfänden.
Sie glauben, welche sich dem Putz und Staat ergiebt,
Daß die auch Müssiggang und Fenster-Rahmen liebt.

Dieß ist der Jungfern Schmuck, der sie gefällig machet,
Wenn sie nicht frech und stolz und spöttisch spricht und lachet,
Nicht tadelsüchtig ist, und allen Umgang flieht,
Der sie von Tugenden und von dem Wohlstand zieht.
Keusch, freundlich, sittsam, klug, manierlich und bescheiden
Zu seyn, den stolzen Ernst und frechen Scherz zu meiden,
Der Wirthschaft nachzugehn, dieß ziehrt die Jungfern mehr,
Als wenn des Cörpers Bau in Gold gekleidet wär;
Dieß macht euch angenehm, gefällig und beliebet,
Daß euch das Mannesvolk Herz, Ring und Vorzug giebet.
Du mein geliebt Geschlecht! Ihr Schönen! saget mir,
Wenn nun des Bräutgams Hand die grüne Myrthen=Zier
Und Kranz vom Haupte reißt, ob das die Klugheit leidet,
Daß man auf dieses Fest so vieles Geld verkleidet,
Verschwendet und verzehrt, gar keine Mase hält,
Und sich so prächtiglich der Welt vor Augen stellt?
Wodurch ihr euren Stand und euch in Schaden bringet,
So, daß ihr öfters drauf das Miserere singet.

Die Braut ist freylich wohl des Bräutgams Augen=Trost;
Doch wisse, da dein Freund zuerst um dich geloßt;
Da er dich kennen lernt, und dich oft angesehen,
Da er dich voller Fleiß im Hause sahe gehen,
Da er dich nett im Kleid, jedoch nicht prächtig fand.
Ward er nicht dazumahl in seiner Brust entbrand?
Hat damahls nicht sein Geist dich andern vorgezogen?
Und war dir brünstiglich und inniglich gewogen;
Hat nun dein stolzer Putz die Liebe nicht erregt,
So wird sie würklich nicht erst jezt auf dich gelegt,
Da man dich stolz im Kleid und in gar theuren Spitzen,
Und Perl= und Steinen=Schmuck sieht an der Seite sitzen.
Da sich dein Bräutgam nun an deinem netten Kleid,
An deinem klugen Fleiß, und nicht am Pracht erfreut,
Weswegen wilst du dann bald die, bald jene Gaben,
Zu deiner Pracht und Zier von deinem Manne haben?

Was fehlt auch deiner Pracht, wenn dich dein Gatte ehrt,
Und liebt, und deine Ruh durch keine Kränkung stöhrt?
Ist dieß nicht über Schmuck und Kleider=Stolz zu lieben?

Bleibt denn der Ehstand auch ohn Trübsaal und Betrüben?
Nein! darum wendet nicht so viel auf Pracht und Staat,
So giebt der Überfluß euch in dem Mangel Rath.

Ich weiß, man muß die Zeit bedächtig unterscheiden,
Weil man sich jezo nicht wie ehmals pflegt zu kleiden;
Kein aufgeschliztes Wamst und Pluderhosen trägt,
Kein reiches Weib sich mehr in eine Schaube schlägt.
Man richtet billig sich in Kleidung, Tracht und Moden
Nach den Lebendigen, nicht aber nach den Toden.
Deswegen glaub ich auch mit der gescheuten Welt,
Daß es nicht unrecht ist, wenn man sich trägt und hält,
Wie es die Zeit befiehlt, und Stand und Rang verlanget,
Daß ein berühmter Mann in Hollands=Tüchern pranget,
Mit netten seidnen Zeug und Leinwand sich bedeckt:
Sein Haupt in fremdes Haar nach feinster Mode steckt,
Worbey ein feiner Knopf die nette Kleidung zieret.
Ich tadle nicht, daß sich ein Weib geschicklich schnüret,
In netter Schläfe Zier und saubrer Kleidung geht,
Und trägt was rein und schön und wohlanständig steht.
O nein! ich tadle nicht, die klug und muntern Schönen,
Daß sie Tabeens Art und Fleiß sich angewöhnen,
Daß ihre kluge Hand die Kleider künstlich neht;
Die Blumen und das Laub geschickt und artig dreht;
Wodurch sie Mahlern gleich den Laub und Blumen leben,
Durch Schatten und durch Licht durch Fall und Hebung geben.
Ich lobe, daß man sich durch seinen klugen Fleiß
In Kleidung mancher Art schön auszuschmücken weiß:
So wird der Hände Kunst bewundrend wahrgenommen,
Und kan zum Musterstück auf Kindes=Kinder kommen.

Nur dieß ist mir verhaßt, nur dieß ist ärgerlich
Daß es bey dem nicht bleibt, daß mans so prächtiglich
An Seide, Silber, Gold stickt, neht und zubereitet,
Daß es mit Fürsten=Putz und Rang und Vorzug streitet.
Daß mans so kostbar macht, daß eine einzge Post,
Ein Kleid so vieles Geld, als zwey, ja viere kost.
Nur dieß ist mir verhaßt, kein Kluger wird es leiden,
Wenn schlechte Frauen sich in Fürsten=Trachten kleiden.
Wenn hier ein Adliches, dort ein Professors Weib,
Hier eine Kaufmanns=Frau den aufgeblaßnen Leib
In Sammt und Hermelin und kostbar Pelzwerk schläget,
Das Köngen nur gehört, das eine Fürstin träget.
Es haßt es die Vernunft, wenn sich ein Weibesbild
Vom Mittelstand und Gut in theuren Stof verhüllt,
Wenn sie mit Spitzenwerk aus Hollands Krähmen prahlet,
Und um sehr hohen Preiß ein ganzes Stück bezahlet;
Daß Hauptputz, Leib und Fuß und alles kostbar prangt;
Wenn eine Bürgers=Frau das Theureste verlangt;
Wenn Handwerks=Weiber sich in Stof, Damast und Seiden,
Und Spitzen aus Braband, in Gold und Zobel kleiden;
Wenn eine Zofe hier, dort eine Kammer=Magd,
Mit fremder Mod und Tracht sich auszuschmücken wagt,
Und nach den Grösten richt; wenn man, so man was siehet,
Sich auch um den Besitz und Eigenthum bemühet;
Wenn man den Überfluß in allen Sachen liebt,
Und nur fast täglich Geld vor Staat und Hoffart giebt.
Dieß ists, was die Natur, Vernunft und Tugend hasset,
Wovor ein Kluger stets den grösten Eckel fasset.

Ist jemand in der Welt an Glück und Ehre groß,
Der gebe sein Gemüth zur Thorheit nicht so bloß,
Und tracht an Kleid und Schmuck und prächtigen Geberden,
Und Moden und Gepräng nicht Fürsten gleich zu werden.
Es gaff ein Bürger=Weib, das sich von Frucht und Laub,
Von Holz und Leinewand, das sich vom Pfeffer=Staub
Und Schreiber=Sporteln nehrt, nicht nach den Adel=Frauen,
Und lasse sich nicht so in Staat und Moden schauen.
Ein jedes trage sich nicht über seinen Stand;
Es werde nicht zuviel auf Kleider=Pracht gewand,
Damit fein zierlich, schön, nett, sauber, artig, reine;
Nicht aber voller Pracht ein Frauenbild erscheine.

Wie sehr veränderlich ist nicht Fortunens Blick?
Zieht sie nicht oftermahls ihr freundlich Aug zurück,
Und zeigt der stolzen Brut, daß ihre schöne Gabe
Die Unbeständigkeit zur Mitgefährtin habe.
Was hilft mich denn der Stolz, wenn euch das Glück verläßt?
Was werden nicht alsdann vor Thränen ausgepreßt?
Was habt ihr dann vor Lob, wenn ihr an statt der Seiden,
Euch müst mit Leinewand und Wollen Zeug bekleiden?
Wie bald wird eure Pracht des Strohm= und Feuers=Raub?
So liegt der Abgott dann in Asche, Glut und Staub.
Der Pracht und Überfluß, der Stolz die Hoffarts=Fahne
Bricht allezeit dem Fall und Untergang die Bahne.

Ein weiser Paulus spricht in seinem heilgen Brief
Der an Timotheum den theuren Lehrer lief,
Die Weiber sollen sich geschickt und zierlich kleiden;
Gold, Perlen, stolz Gewand und Pracht und Hoffart meiden.
Dieweil der Weiber Schmuck in Schaam und Zucht besteht.

Ein Weib das auf der Bahn der wahren Tugend geht,
Erwehlt sich dieß zur Pracht, daß sie getreulich liebet,
Den Gatten nicht mit Fleiß durch irgend was betrübet;
Nicht trotzig widerspricht; zu rechter Stunde schweigt,
Den Irrthum und den Fehl ihm in der Stille zeigt;
Zu rechter Stunde redt, und hat sie was zu sagen,
Sich allezeit bestrebt, bescheiden vorzutragen;
Ihn im Beruf nicht stöhrt, hilft wo sie helfen kan;
Sieht ihn zur Zeit der Ruh mit holden Blicken an;
Und wenn sie auch mit ihm wie dort Rebecca scherzet,
So ist sie nur bedacht, daß sie ihn zärtlich herzet;
Sie liebt die Häußlichkeit, und haßt den Müssiggang;
Sie hält die Kinder nicht im tollen Sclaven=Zwang,
Doch führt sie ihnen auch in ihrer Lust den Ziegel.
Ihr Tugend=-Wandel ist des ganzen Hauses Spiegel.
Ihr Amt verrichtet sie bedächtlich, häußlich, klug,
Und schadet keinen nicht durch Plaudern und Betrug.
Ist gegen jederman bescheiden, mild und gütig,
Flieht Hoffart, Pracht und Stolz, bezeigt sich eherbietig,
Sie hört der Armen Noth, und dient nach Möglichkeit,
Das Haus regieret sie mit Liebe, nicht mit Streit.
Kurz, ein vernünftig Weib läßt dieses von sich lesen,
Sie ist des Mannes Lust und süsser Trost gewesen.
Den Kindern war sie stets ein wahres Mutter=Herz;
Und wem sie dienen kunt, ein Balsam vor den Schmerz,
Der Tugend Musterbild, der Haußgenossen Freude,
Der Laster steter Feind, der Menschen Augen=Weide.

Die Hoffart fällt mir jezt verwegen in das Wort,
Und spricht voll Unvernunft: ich sehe hier und dort
Ein Haus und Wohngemach von Hausrath und von Tüchern,
Von denen mich die Zahl und Zeichen vest versichern,
Es rühre alles noch von ihren Eltern her.
Das Kleid und weise Zeug das sie, die Frau, und er
Der Mann am Leibe hat, das ist schon abgetragen.
Wie lange soll man sich mit solchen Kleidern plagen?
Also verräth der Mund die lasterhafte Seel.

Jedoch ich höre auch das Volk von Israel;
Wie es gar anders spricht: Was vor ein schöner Seegen
Erhielten wir vom HErrn auf unsern langen Wegen?
Es wurden unsre Schu nicht mürbe, schlaf noch alt;
Die Kleider wurden nicht verschabt noch ungestalt;
Der Höchste wolte sie vor Riß und Moder schützen.
Wie frölich kan ich doch in meiner Wohnung sitzen!
Wie ruhig lieg ich doch in meinem Schlaf=Gemach!
So spricht der Hoffart Feind dem Saamen Jacobs nach.
Prangt meine Wohnung nicht mit lauter neuen Sachen,
Laß ich mir wöchentlich nicht neuen Hoffart machen:
Bleibt Kleid und Hausgeräth noch immer schön und gut,
So freut sich des mein Geist, so bin ich wohlgemuth.
Ich schäme mich des nicht, ich halts vor einen Seegen,
Vor einen Hermons=Thau und fetten Gnaden=Regen,
Daß meiner Eltern Schweiß noch brauchbar vor mir liegt;
Das mein erworbner Fleiß nicht wie der Staub verfliegt;
Daß mir wie Israel die Kleider nicht veralten:
Es zeigt darneben an, daß ich gut hausgehalten,
Daß ich die Sparsamkeit und Reinlichkeit geliebt,
Und meine Eltern sich darinnen auch geübt,
Es überzeugt mich auch, daß noch kein Fluch gekommen
Der mir das Meinige geraubt und weggenommen:
Und daß kein böser Wunsch auf meinem Hause ruht,
Der mein ererbtes Theil verzehret und verthut.
Lacht, höhnet immerhin ihr stolzen Mode=Narren;
Ich wehle diesen Ruhm, und laß euch gern die Sparren.

* * *

Steh auf Herodotus! und gieb die Ursach an,
Warum in Persien des gröst= und reichsten Mann,
Sein Schädel und sein Haupt sich also mürbe zeiget,
Da der Egypter Haupt der stärkste Schlag nicht beuget?
Ich weiß warum. Mir fällt die Ursach jetzo bey:
Der Bürger an dem Niel veracht die Leckerey
Und Wollust im Getränk, in Speisen und in Essen,
Und hat die Zärtlichkeit bey seinem Thee vergessen.
Er flieht den leckerhaft und delicaten Schmauß,
Und härtet seinen Leib durch Wind und Hitze aus.

Die Welt dünkt sich so klug, und scheut die Kranckheits=Bürde,
Damit der Glieder=Bau nicht hart gedrücket würde;
Sie fürchtet Fieber, Brand, Geschwulst und Beul und Pest,
Worbey sie in der Noth sich auf den Artzt verläßt.
Und gleichwohl ist der Mensch an seinen Schmerz und Plagen
Die er an Haupt und Fuß und Leibe muß ertragen,
Nur selber Schuld daran; flöh er die Zärtlichkeit,
Und gäb dem Munde nicht so viel Gelegenheit,
Mit leckerhafter Kost und feurigen Getränken,
Die China, Africa und Spanien uns schenken
Den Magen, Leib und Sinn gleich einer vesten Stadt,
Die gar ein feindlich Heer vor ihren Mauren hat,
Zu stürmen, und die Burg des Leibes zu belagern;
So würden viele nicht verdorren und vermagern.
Sie Säfte würden nicht verzehret und verbrennt;
Stein, Gicht und Podagra, und was man schmerzhaft nennt,
Den Kopf=Weh, Mattigkeit und des Geblütes wallen
Wird keinen Mässigen so leichtlich überfallen.

Wie ruhig und vergnügt lebt ein vernünftger Mann,
Der seinen Lecker=Mund und Magen zwingen kan.
Betracht des Bauers=Mann und stolzer Herren Kinder,
Ist nicht die erste Art weit stärker und gesünder?
Genießt das zarte Kind nicht größre Stärk und Lust
Durch seiner Mutter Milch, als von der Huren Brust?
Ein Stückgen Brod, ein Trank von Gersten giebt mehr Kräfte,
Als alles Zuckerwerk und leckerhafte Säfte.
So wird das zarte Kind von Jugend angewöhnt,
Daß es sich nach der Kost der geilen Eltern sehnt;
Was Wunder wenn hernach die Laster sich vermehren,
Die das erworbne Gut durch Zungen=Lust verzehren.
Wie glücklich ward nicht da das Volk am Tieber=Strohm,
Da Bürgermeister noch die ganze Welt und Rom
Geschickt regiereten. Da man Gesetze gabe, (h)
Daß Rom die Mässigkeit zum Augenmerke habe.

Wie glücklich ward ihr doch ihr Alten jener Zeit!
Die ihr euch an der Zier der Mäßigkeit erfreut.
Wie ward ihr so beherzt, gesund und stark und wacker,
Da euer Mund das aß, was euer fetter Acker
Und Reb= und Garten=Bau, und Vieh und Schäfer=Stab,
Teich, Waldung, Hof und Stall euch zu verzehren gab?
Ein ausgepreßter Trank von selbst gepflanzten Reben,
Benebst dem braunen Saft, den Gersten=Körner geben;
Ein Fisch, den euer Netz und Angel selber fieng;
Ein Wildpret, welches euch zu nah in Garten gieng;
Ein Vogel, welcher sich in euren Garten setzte,
Und sich den zarten Fuß durch Schling und Leim verletzte;
Ein Stück von einem Schaaf, und eingesalzten Schwein,
Ein Stück von einem Kalb, und fetten Rinder=Bein;
Ein Stückgen von der Brust, nebst guten Rinder=Zungen,
Die Küchen=Rauch gefärbt, und beisend Salz durchdrungen,
Worüber man die Brüh von alledem gekocht,
Was selbst die Hand gepflanzt, und was das Beet vermocht;
Als Lorbern, Timian, Wachholdern, Roßmarien,
Lauch, Kimmel, Majoran, und Zwiebeln die nicht bliehen,
Und was der Garten sonst an Frucht und Beeren giebt.
Ein Kohl, den die Natur und nicht die Kunst geschiebt;
Ein Obst, das ebenfals nur die Natur getrieben,
Milch, Ey und Butterwerk, das rein und frisch geblieben;
Ein Kuchen, den das Weib weiß, fett und locker buck,
Dieß war was man zu Tisch und auf die Tafel trug:
Damit erquickten sich die Grosen und die Kleinen.
So blieben sie gesund und stark an Fleisch und Beinen
So lebten sie vergnügt, und gaben zu verstehn,
Wie gerne sie den Flor der Kindes=Kinder sehn,
Daher sie solchen auch die Gelder nicht verpraßten.

Jezt aber, da die Welt mit Segel, Wind und Masten,
Aus dem vor kurzem erst entdeckten Theil der Welt,
Das was auch Africa und Ceilon in sich hält,
Was uns Levante zeigt, was Welschlands Boden träget,
Was Ungarn, Spanien vor unsre Augen leget,
Mit stürmender Gefahr und Kosten hergebracht,
So wird der Alten Kost jezt spöttisch ausgelacht.
Der Deutsche Trauben=Saft, der Wein von unsern Reben,
Wird selten beym Besuch und Gastmahl hergegeben.
Der ist zu schlecht darzu. Es lüstert Mund und Seel
Nach neuer Leckerey gleich wie dort Israel.
Ein neuer Tag muß auch ein neu Gericht ersinnen!
Um der Verschwendung nur das sträfliche Beginnen
Aufs strengste, uns zum Spott und Schaden, zu vollziehn.
Eh noch die Speisen reif, wenn sie noch wäßrig grün,
und roh und sauer sind, so lüstert man nach diesen.
Da heists: Wenns andre schon auf ihrem Tisch geniessen,
So eckelt mir davor. Was theuer ist, schmeckt gut;
Was viele Thaler kost, das labet Zung und Blut.

Die alte Redlichkeit in Speisen und in Essen,
Bringt jetzt die Leckerey und Wollust ins vergessen.
Wie manche Härings=Milch (wer lacht jezt nicht mit mir)
Setzt man den Austern gleich in Auster=Schaalen für,
Daß man den Appetit der Lecker nur ergötze,
Und ihren lüstern Mund in süsse Ruhe setze.
Sonst nahm der Köchin Hand den Vogel=Mist heraus;
Jezt ist derselbige das beste auf den Schmauß
Wornach man sehnlich greift. Man darf den Hottentotten,
Der Darm und Mist verzehrt, hinführo nicht mehr spotten;
Ihr machts mit Vögeln so. Ja spricht die Weisheit jezt,
Der Vogel, welcher nur auf kräftgen Stauden sizt,
Ist ganz ein ander Ding; er frißt sonst nichts als Kräuter.
Gut! aber gehe doch nur wenig Schritte weiter
Da weidet eine Kuh, die gleichfals Kräuter frißt.
Warum gelüst dir dann nicht auch nach ihrem Mist?
(Doch dieses widmet man zum Schnupftoback der Schönen,
Die sich denselbigen so eifrigst angewöhnen,
Als wärs ihr Element.) Ein Hecht der Karpfen frißt,
Und dessen Aufenthalt ein klares Wasser ist,
Der scheint jezt nicht genug den Appetit zu stillen.
Die leckerhafte Welt, (sind das nicht närrsche Grillen?)
Ergötzet sich an dem, was in den Sümpfen kriecht,
Und was beym ersten Blick schon eckelhaftig riecht.
Die Kröten welche sich mit Schild und Harnisch decken,
Und dem der sie erblickt, nicht wenig Graus erwecken;
Die Frösche, die der Schlamm, Gestank, Pful und Morast
In seinem Inbegrief verschließt und in sich faßt,
Die groß gebildet sind, und recht gefährlich sehen;
Die Schnecken, welche sich kaum auf der Erde drehen;
Das, was so unrein ist und so abscheulich sieht,
Und öfters Magen=Schmerz und Drücken nach sich zieht,
Das soll, man höre doch, ich könnt es nicht errathen,
Viel delicater noch als guter Kälber=Braten,
Als Tauben, Hecht und Hahn, und Rinder=Zungen seyn.

Wie enge schrenkt sich doch jetzt Witz und Klugheit ein.
Was wird die Leckerey noch weiter unterfangen?
Habt acht, ich warne euch ihr schnell und krummen Schlangen,
Man stellt euch würklich nach, und macht euch endlich ein,
Als soltens köstliche und rare Bricken seyn.
Ihr Regen=Würmer weicht, kriecht ja nicht aus der Erden,
Ihr müst sonst würklich noch zu Wasser=Schmerlen werden.
Ihr Ratten seht euch vor, versteckt euch in die Höh,
Sonst macht man euren Leib zu einem Fricassee.
Ihr Fledermäuse fliegt, sonst steckt man euch ans Feuer.
Jezt hat man euch umsonst, man kauft euch doch wohl theuer,
Man sucht euch wohl alsdann mit vieler Müh zu Rom,
So wie den Regen=Schmerl im schnellen Tieber=Strohm.
Ja Maden, welche auch aus alten Käsen sprudeln,
Die werden endlich noch zu Moschcowitschen Nudeln.

Zur Nahrung und zur Noth pflegt man den Leib jezt nicht,
Zum Überfluß sind jezt die Zungen abgericht.
Der Tisch kan oft die Last der Schüsseln nicht ertragen;
Den Magen trachtet man mit Zungen=Lust zu plagen;
Nachdem man lang gespeißt und seinen Bauch gemäst,
Daß man kaum Ohdmen kan, und schwer und käuchend bläßt,
So wird Levantens Frucht durch Asch und Staub verzehret,
Wodurch die Wollust schon viel Beutel ausgeleeret.
Der Leib hat bey dem Tisch des Tags nur einmal Ruh;
Man bringt den ganzen Tag mit Trink und Essen zu.
Wodurch man die Vernunft und Tugenden begräbet,
Und mehr vor seinen Bauch als vor den Nächsten lebet.

Ich widerspreche nicht, daß hier ein Graf und Fürst
Nach theurem Trauben=Blut, und raren Weine dürst;
Daß er mit fremder Kost die Tafel reich bedecket,
Und manche Kostbarkeit und niedlich Essen schmecket;
Wer nehrte sich wohl sonst; wo käme sonst das Geld
Durch Handel und Gewerb und Nahrung in die Welt?
Ich tadle nicht, daß auch ein Reicher das geniesset,
Was in dem feinen Meer und fremden Ströhmen fliesset;
Daß er Italiens und Ungerns süsse Frucht
Von Reben oder Baum zu seiner Lust versucht;
Daß seine Zunge sich an diesen auch erquicket,
Was uns durch Wind und Mast Ost, West und Süden schicket:
Damit er der Natur auch ihre Schätze sieht,
Wie kräftig dieses schmeckt, wie prächtig jenes blüht,
Und weiß, wie jedes pflegt geschickt gemacht zu werden.
Dieß aber widerspricht der Klugheit auf der Erden,
Wenn er sich dran gewöhnt, und seinen Mund nicht zwingt,
Dieß ers aus Leckerey und Übermuth verschlingt.

Dieß kan die Tugend nicht, noch die Vernunft vertragen,
Daß Männer, welche sich durch Trug ans Bret geschlagen,
Die Fürsten ungetreu und Landes=Plager sind;
Daß Männer, welche sich durch Advocaten=Wind
Und rechtlichen Betrug ein Haufen Geld erlogen;
Daß Männer, die das Blut der Waysen ausgesogen,
Die Urtheil nur nach Gunst und Thalern abgefaßt,
Und die Gerechtigkeit als einen Feind gehaßt;
Daß Männer, die durch Pfand und Jüdische Intressen
Des Tagelöhners Brod, der Wittwen Scherf gefressen;
Daß Männer, die das Maas und Ehle und Gewicht
Und Waaren zum Betrug und Diebstahl eingericht,
Und sich mit Weib und Kind von dem Betrug ernehren,
Das speisen, was wohl oft die Grosen nicht verzehren;
Daß man die Tafel stets mit solchen Sachen füllt,
Womit sich nur der Mund und Wollusts=Zunge stillt.
Daß sich ein Bürgermann gleich wie ein Groser speiset,
Dieß ist, was die Vernunft und Tugend Thorheit heiset.

Wie seufzt die Liebe doch! o! zög ein reiches Weib,
Auch wohl ein stolzer Mann ein einzig Kleid vom Leib,
Ja einen Aufsatz nur, und deckte arme Seelen,
Die sich vor Kält und Frost, und Blöse trostloß quälen;
Entzög ein Leckermaul und ein Verschwender nur
Die Woche eine Kost von mancher Creatur;
Von seinem Uberfluß ein Gläßgen aus dem Keller;
Von seiner Tafel Last den Uberrest vom Teller
Und gäbs dem Lazarus, der dort nach Brode schmacht,
Wie seelig hätt er nicht die Wohlthat angebracht.
Wie herzlich würden sich die armen Brüder freuen;
Was würde nicht vor Heyl auf seinen Boden schneyen.

Ihr Eltern, die ihr stets nach Lecker=Speisen strebt,
Und alle Tag in Freud= und Zungen=Lüsten lebt,
Ists möglich, daß ihr ganz den Liebes=Trieb verfluchet,
Und eurer Kinder Noth durch eure Wollust suchet?
Wär noch ein Fünkgen Feuer von Elterlicher Lieb'
In eurer Brust, ich weiß, daß dieses unterblieb.
Ihr würdet euer Gut nicht durch den Mund verzehren,
Daß euer Saame sich mit Ehren könte nehren,
Der sonst vor Glück und Lob, wenn ihr dereinsten sterbt,
Der Unterdrückten Fluch, Schuld, Noth und Armuth erbt.
Ihr Eltern gehet hin, und lernet von den Raben,
Was sie vor Lieb' und Sorg vor ihre Jungen haben.

* * *

Da Gottes Allmachts=Hand, die Sonne, Tag und Zeit
Und diese Welt erschuf, und sie mit Seltenheit,
Mit Zierde, Glanz und Pracht und aller Schönheit baute,
Und was er nur gemacht, mit viel Vergnügen schaute.
Beschloß er, daß der Mensch, sein ächtes Ebenbild
Mit viel und groser Macht und Herrlichkeit erfüllt,
Und mit besonderm Glanz gezieret solte werden.
Der Schöpffer machte ihn zum Herrn der ganzen Erden.
Er was sein herrlichstes und liebstes Augenmerk;
Drum hat er selbigen auch über alle Werk
Die er so schön gemacht, die er so hoch geschätzet,
Und aller Creatur zum Fürst und Herrn gesetzet.
So herrlich und so hoch sah GOtt den Menschen an;
Er sprach: Mach dir die Welt und Erde Unterthan;
Herrsch über alles das, was auf der Erde lebet,
Was sich in Wassern regt, und unterm Himmel schwebet.

Allein! wo schließt der Mensch des Geistes Augen auf?
Wenn hebt er wohl sein Licht zur Sternenburg hinauf,
Und denkt an seinen Glanz, Macht, Adel, Würd und Ehre?
Daß er warhaftig auch ein Herr der Erde wäre.
Wie schätzt er doch so schlecht die gröste Herrlichkeit?
Wie setzt er die Vernunft, den Adelstand beyseit,
Den ihm sein Schöpfer gab? der Mensch von grosen Gaben;
Der Mensch, den GOtt so hoch gesetzet und erhaben,
Der diese ganze Welt und Erd beherrschen soll,
Der ein Monarch will seyn, der ist so dum und toll,
Und stellt sich so herab, daß er vom Saft der Trauben,
Und Bier sich Geist und Witz, Verstand und Kraft läßt rauben.
Ey seht! der stolze Mensch legt Sclaven=Fesseln an,
Und wird dem Erd=Gewächs so schimpflich unterthan.
Der Mensch, die kleine Welt, O! solt er sich nicht schämen!
Läßt sich von einer Frucht der Welt gefangen nehmen.

Der Seelen Wandelung, die so viel Streitens macht,
Da Zeno ihren Grund und Lehre vorgebracht,
Beweiset sich an dem, der sich zum Bacho wendet,
Und dem gefüllten Glaß Vernunft und Witz verpfändet.
Wo in der Seele sonst Verstand und Tugend saß;
Und man die Handlung stets nach klugen Regeln maß;
Da wird der Seelen Thun durch Saufen umgekehret,
Das Gute abgeschaft, verworffen und verstöhret.
Die Klugheit bläßt ihr Licht und ihre Strahlen ein;
Die Weisheit kan beym Trunk nicht mehr Regentin seyn.
Der Tugend=Fackel wird verlöscht und ausgebrennet,
Und was sich sonsten schön und nach dem Wohlstand nennet,
Das findet durch den Trunk ein ganz gewisses Grab,
Die Thorheit giebt darbey den klugen Redner ab,
Und spricht: Der Tod wird sonst vor mächtig ausgeschriehen,
Es muß auch in der That die Seel vom Leibe fliehen.
Allein die Lust zum Trank besitzet noch mehr Macht,
Durch diese wird so gar die Seele umgebracht.
Sie tödten selbt den Geist, Verstand und alle Sinnen.

Darius wach jezt auf! und höre das Beginnen
Der Knaben, die zur Wach bey deinem Throne stehn;
Wie jeder seinen Witz durch einen Spruch läßt sehn.
Mich deucht ich seh im Geist dein gröstes Königs=Zimmer,
Mir ist als fänd ich dich in deinem Glanz und Schimmer,
Und deine Mächtigsten um deinen Purpur=Thron,
Wie da der Klugheit Kind, wie da der Weisheit Sohn,
Vom Wein und seiner Kraft so schöne Reden führet,
Daß man den klugen Geist aus seinen Worten spühret.

Er hebt verwundernd an: Wie mächtig ist der Wein!
Denn er verführet die, so ihm ergeben seyn.
Fürst, Freye, Weise, Knecht, die Armen und die Reichen
Macht er, daß sie durch ihn an Witz einander gleichen.
Er raubet den Verstand, bringt Widerwärtigkeit,
Macht fröhlich, aber so, daß man das Ziel beyseit
Und aus den Augen setzt, daß man sich nicht bezwinget,
Noch auf des Landes Wohl wie sichs gebühret, dringet!
Er macht durch Phantasie und Wahnwitz alle reich;
Es denkt der Unterthan, er sey dem Fürsten gleich;
Setzt dadurch Ehr und Furcht und Demuth auf die Seite,
Und spricht, wem lächerts nicht? von groser Ehr und Beute.
Hat denn der Trunk den Geist in völliger Gewalt,
So gilt kein Freundschafts=Band. Es heist: Du Hundsfott halt!
Und zucke das Gewehr! Ist denn der Rausch vergangen,
So weiß man nicht, was man im Trunke angefangen.

Der Saal verliehrt sich mir; ich seh an dessen statt
Das Thier, das Bileam vordem geritten hat.
Es scheint, als kriegt es gar jezt seine Sprache wieder,
Und ruft den Menschen zu: Ihr singt mir tolle Lieder
Von meiner Einfalt vor. Doch kommt in meinen Stall,
Gebt nur ein wenig acht, ihr merket überall
Daß ich an Klugheit euch bey Weitem überstiegen,
Ich speise nicht mehr Heu, drum bleibt sehr vieles liegen,
Als nur mein Hunger braucht. Kein Wasser trink ich mehr,
Als biß mein Durst gelöscht. Ich wüst nicht wie mir wär?
Solt ich, das dümmste Thier, den Magen überladen,
Und mir an meiner Kraft und der Gesundheit schaden?
Ihr Menschen aber seyd viel ärger als das Vieh,
Weit dummer als wie ich. Ihr esst und trinket nie;
O! nein! ihr sauft und schwelgt, und hört nicht auf zu fressen,
Biß die Vernunft versenkt, und alle Schaam vergessen,
Und ausgerottet ist, biß daß die Tugend stirbt,
Und jeder unter euch der Höllen=Lohn erwirbt.

Ich habe ehedem in einem Buch gelesen,
Daß Circens Zauberstock, so kräftig sey gewesen,
Daß er Ulysses Volk in Thiers=Gestalt verkehrt.
Da mich nun jezt ein Schwein in meiner Rede stöhrt,
So glaub ich, dieß gehört mit unter solchen Orden,
Die durch den Zauberstock zu Thieren sind geworden.
Ihr Menschen! hört doch zu, wie es so artig spricht:

Willkommen Brüdergen! kennt ihr die Schwester nicht?
Willkommen Brüdergen! nun ist mein Leid verschwunden,
Weil ich euch allesamt so glücklich wieder funden.
Auf! füllt der Sittenkunst zu Trutz die Gurgeln an,
Schwelgt, fresset, sauft und schluckt, so lang als einer kan,
Besudelt euren Leib, die Erde, Kleid und Kragen,
Und laßt euch wenns geschehn, aufs Streu im Stalle tragen;
Alsdann wird euer Nest gleich wie das Meine seyn,
Da werft euch mit mir um, und schlaft so wie ich ein.

O Mensch! verlangst du denn wie diese Sau zu stinken?
Wer klug ist, pfleget sich mit nichten voll zu trinken!
Er trinket vor den Durst zur Labung und zur Stärk;
Die edle Nüchternheit ist stets sein Augenmerk.
Ein Kluger weiß wie sehr er seinen Schöpfer kränket,
Wenn er zum Überfluß die Zung und Lippen tränket;
Er weiß wie sehr die Kraft der Seelen Schaden leidt;
Wie sehr er Gottes=Hauß durch solche That entweyht;
Wie weit die Tugend flieht; wie weit der Wohlstand reiset;
Wie oft man nur zum Spott mit Fingern auf ihn weiset,
Und ihn verächtlich hält; daß sein Gesundheits=Kahn
Auf dem Schlaraffen=Meer bald Schifbruch nehmen kan:
Deshalben will er nicht mit unterm Narren Haufen
Nach Lethens todten Pfuhl zu seiner Schande laufen.

Wir haltens insgesamt vor eine Landes=Noth,
Wenn uns ein feindlich Heer mit Schwerdt und Pulver droht,
Und unsre Friedenstadt bemüht ist zu belagern,
Und durch die Kriegeskunst gedencket auszumagern,
Durch Kugeln, Blitz und Glut die Stadt verderben will.
Wie kläglich klingt nicht da das Sayt= und Singe=Spiel?
Man fürchtet Schwerd und Feind, und schmiedt doch selbst die
Waffen,
Wodurch wir unsern Fall, Noth, Todt und Elend schaffen.
Die Liebe zu dem Trunck ist gar ein starcker Feind,
Ob er gleich ohn Geschütz und Schwerd und Bley erscheint.
Ein oft gefülltes Glaß mit Gerst= und Reben=Tropfen,
Ist schon genug bey uns, zum Kriege anzuklopfen:
Der Sieg ist auch gewiß; Es nimt gar bald der Wein
Das Hauptwerck an dem Bau der Leibes=Festung ein.
Er hauset als ein Feind, und raubt und plündert alles,
Was die Natur zur Wehr und Hindrung unsers Halles
Durch die Vernunft gesetzt. Da springet Thor und Thür,
Geist, Kräfte, Ehre, Glück, das alles missen wir.
Die Thorheit kan darauf die Siegs=Trompete blasen,
Sie ruft: Die Tugend fiel alhier auf diesen Rasen.

Ich bin kein Prediger der vor die Seele schreibt,
Wo sie in solchem Fall, wenn sie verschwindet, bleibt.
Kan sie nach Salem wohl Elias Wagen tragen;
So wenig, als den Mann der im Duell erschlagen.
Ich rede nur wie tief, wie sehr ein trunckner Mann
In Schande, Hohn und Noth und Elend fallen kan.
Ward Loth nicht durch den Trunck ein Eydam seiner Töchter?
Ward Noah nicht dadurch den Söhnen ein Gelächter?
Ward Nabal nicht durch ihn des Lebens=Lichts beraubt?
Verlohr nicht Holofern dadurch sein Helden=Haupt?
So schändlich starb ein Held der Volck und Land bezwungen.
O! wie verderbet euch die kleine Lust der Zungen!
Ein Kluger wundert sich, wie solches möglich ist,
Daß sich ein Gläser=Freund so liederlich vergißt,
Vernunft, Verstand und Witz und Wohlstand nicht bedencket,
Und diß zum Opferdienst dem stummen Bacho schencket.

Die Menschheit äusert sich durch Sprache und Verstand,
Wo wird diß beydes wohl am Trunckenbolt erkannt?
Verstand und Geist ist hin, er weiß nicht was er sinnet,
Noch was er unternimmt und in der That beginnet.
Die Sprache wird gehemmt; es will kein reines Wort,
Noch Gruß, noch Redensart von Zung und Lippen fort.

Die Regel ist uns ja in Hirn und Brust geschrieben,
Wir sollen unser Wohl und uns vornemlich lieben.
Wir sollen allemahl der nächste Freund uns seyn.
Wo aber stimmet das mit Truncknen überein?
Ein Trunckner liebt sich nicht, er wird sich selbst zum Feinde,
Denn er verräth sein Herz dem Feinde und dem Freunde.
Er ist als wie ein Faß das voll, und übergeht,
Und von sich stößt und wirft, was vor dem Spunde steht.
Das Gute welches ihm zu Amt und Glücke dienet,
Wodurch sonst seine Lust und auch ein Wohlstand grünet,
Das stößt er durch den Trunck zu seinem Munde aus,
Und bringt sich um sein Glück, ja gar um Hof und Haus.
Ein andrer wendet das, was er im Trunk verrathen
Zu seinem Nutzen an, und fördert seine Thaten.
Ein Trunkner schweigt so gar von seinen Fehlern nicht,
Es wird ihm durch ihm selbst ein Schand=Maal aufgericht.
Er stürzt sich wohl darzu, durch trunknene Geschwätze
In Unglück und Gefahr; es straft ihn das Gesetze.
Ein Freund des Trunks kan nie ein Freund des Nächsten seyn.
Man lässet sich mit ihm in keine Freundschaft ein:
Denn er verräth den Freund, und schwazt von seinem Handel,
Von seiner Eigenschaft, Gespräch und Lebens=Wandel.
Ein Trunkner wird zum Spott, zum Kinder=Spott gemacht,
Wie höhnisch wird er nicht von allen ausgelacht?
Er lacht, wenn andere bey seinen Affen=Sachen
Und Kindervollem Spiel ein laut Gelächter machen.
Er merkt nicht, wenn man gleich sein laut Geschwätze höhnt,
Und jauchzet wenn man ihn mit Haasen=Pappeln krönt.
Zwey Stieber hält er oft vor zärtliche Caressen,
Die eine schöne Hand ihm gütig zugemessen.

Ein Trunkner glaubt === jedoch ich werff die Feder hin,
Weil ich nicht in Pariß noch Hollands Fluren bin,
Wo man die Laster darf bey ihren Namen nennen.
Ich putze nicht das Licht, ich möcht mich sonst verbrennen.



(a) Magnus.

(b) Da der grose Alexander bey seinen Feldzügen unbekanter Weise auf
ein Rathhaus zu forschen gieng, hörte er, daß zu dem Richter ein Mann
sagte: Ich habe einen Keller wollen graben, und da habe ich einen
Schatz gefunden,welcher aber nicht mir, sondern dem Manne gehört, von
dem ich das Haus gekauft, ich bitte also ihn zu nöthigen, daß er sein
Geld annehme. Der andere sprach: der Schatz ist niemahls meiner
gewesen, denn die Stätte darauf ich das verkaufte Haus gebaut, war
ein freyer Platz, darauf jeder bauen konte. Endlich sind diese
Männer eins worden dem Richter den Schatz zu geben. Der Richter
wendet aber dargegen ein: Ihr bekennt Beyde, daß der Schatz nicht
eure sey, da er da in euren Häusern gefunden worden ist: unter was
Vorschein solt ich ihn denn annehmen, da ich hier fremd bin? Davor
behüten mich die Götter, daß ich mich nicht fremdes Gutes anmasse!
Ihr schiebet die ganze Sache meinem Amte und Gewissen heim. Wohlan,
so will ich einen Rath finden. Habe darauf den einen gefragt: ob er
einen Sohn habe, der denn mit Ja antwortet: Ob auch der andere eine
Tochter habe? Und da dieser gleichfals Ja sagt: Habe der Richter den
Ausspruch gethan, daß diese einander heyrathen sollen, und er wolle
ihnen den gefundenen Schatz zum Braut=Schatze mitgeben. Da Alexander
über diese kluge Gerechtigkeit erstaunet, hat der Richter gesagt: Ist
es auch möglich, daß Leute gefunden werden die anders thun? Und auf
des Alexanders Ja! setzt er noch dieses zu: Ob an solchen Oertern, wo
sie nicht also richteten, die Götter auch Regen fallen liesen, und ob
die Sonne alda auch ihre Strahlen gäbe?

(c) Cambyses ließ einem Richter der sich bestechen lassen, und daher
ein ungerechtes Urtheil abgefasset hatte, die Haut vom Leibe ziehen,
dieselbe mit Nägeln an den Richterstuhl zum ewigen Spectacul fest
anschlagen und damit bedecken,auch den Sohn an dessen Stelle zum
Richter setzen.

(d) Gleichwie Galeacius Herzog von Meyland gethan, welcher einen
Advocaten, der die Processe boßhafter Weise so lange triebe und
aufhielte, ließ an Galgen hengen und dann in Stücke zerreisen.

(e) Römischer Kayser, welcher davor hielte, daß es bey Austheilung
der Geschenke, und Belohnung treuer Dienste nur aufs Glück ankäme.

(f) Velibegus und Arsambegus zwei Türkische Obristen hatten ein Duel
miteinander, da der letztere den erstbenannten rückwärts
hinterlistiger Weise verwundete/worauf die Sache nach Constantinopel
gekommen, und Velilebus citirt und befragt werde. Unter andern sagte
dieser folgende Worte: Mein Gegenpart hat mich hinterlistig
angegriffen/hätte er/als einem Cavallier gebührt, sich ritterlich
erzeigen wollen, so hätte er nur sollen erscheinen, als welchen ich
oftmals zu einem Duell heraus gefordert. Worauf die anwesenden
Bassen zornig worden, und gesprochen: Was hast du dich mit deinem
Spieß=Gesellen rauffen wollen? Sind denn keine Christen mehr in der
Welt, an denen du deine Mannheit hättest erweisen können? Ihr esset
beyde unsers Kaysers Brod, und habt euch miteinander schlagen wollen?
Aus was Recht und Fug hast du das in Sinn genommen? Und wo hast du
dergleichen Exempel jemahl unter uns gehabt? Hast du nicht denken
sollen, wer unter euch beyden gefallen und umkommen wäre, der wäre
mit Schaden unsers Kaysers gefallen und umkommen. Worauf er auch in
das Gefängniß geworfen worden.

(g) Magnus

(h) Fabius, Römischer Bürgermeister gab ein Gesetz, daß keiner auf
einem Banquet mehr verzehren dürfte als dreysig Sestertios, so viel
als ohngefehr zwölf Thaler. Messinius verordnete: daß kein Fremder
Wein dorfte eingelegt werden. Emilius gebot den Römern nicht mehr
als fünf Gerichte zu speisen. Antio befahl, das Koch=Handwerk nicht
vielen lernen zu lassen, denn er hielt dafür, daß, wo viele Köche
wären, die Leute nur arm, der Leib ungesund, die Seele aber und das
Gemüthe beflecket würden. Julius Cäsar brachte auf, daß niemand mit
zugeschlossener Thür essen durfte, damit die Censores sehen könten,
ob jemand im Essen Überfluß brauchte. Aristimius schrieb vor, daß
man zwar des Mittags jemand möchte zu Gaste haben, aber nicht länger
als biß gegen den Abend behalten.







 


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