Italienische Reise-Teil 1
by
Johann Wolfgang Goethe

Part 1 out of 7








Italienische Reise
Johann Wolfgang Goethe




Die Reise

Karlsbad bis auf den Brenner
Vom Brenner bis Verona
Verona bis Venedig
Venedig
Ferrara bis Rom
Rom
Neapel
Sizilien
Neapel





Italienische Reise-Teil 1

Johann Wolfgang von Goethe




Auch ich in Arkadien!

Karlsbad bis auf den Brenner


Den 3. September 1786.

Früh drei Uhr stahl ich mich aus Karlsbad, weil man mich sonst nicht
fortgelassen hätte. Die Gesellschaft, die den achtundzwanzigsten
August, meinen Geburtstag, auf eine sehr freundliche Weise feiern
mochte, erwarb sich wohl dadurch ein Recht, mich festzuhalten; allein
hier war nicht länger zu säumen. Ich warf mich ganz allein, nur einen
Mantelsack und Dachsranzen aufpackend, in eine Postchaise und gelangte
halb acht Uhr nach Zwota, an einem schönen stillen Nebelmorgen. Die
obern Wolken streifig und wollig, die untern schwer. Mir schienen das
gute Anzeichen. Ich hoffte, nach einem so schlimmen Sommer einen
guten Herbst zu genießen. Um zwölf in Eger, bei heißem Sonnenschein;
und nun erinnerte ich mich, daß dieser Ort dieselbe Polhöhe habe wie
meine Vaterstadt, und ich freute mich, wieder einmal bei klarem Himmel
unter dem funfzigsten Grade zu Mittag zu essen.

In Bayern stößt einem sogleich das Stift Waldsassen
entgegen--köstliche Besitztümer der geistlichen Herren, die früher als
andere Menschen klug waren. Es liegt in einer Teller-, um nicht zu
sagen Kesseltiefe, in einem schönen Wiesengrunde, rings von
fruchtbaren sanften Anhöhen umgeben. Auch hat dieses Kloster im Lande
weit umher Besitzungen. Der Boden ist aufgelöster Tonschiefer. Der
Quarz, der sich in dieser Gebirgsart befindet und sich nicht auflöst,
noch verwittert, macht das Feld locker und durchaus fruchtbar. Bis
gegen Tirschenreuth steigt das Land noch. Die Wasser fließen einem
entgegen, nach der Eger und Elbe zu. Von Tirschenreuth an fällt es
nun südwärts ab, und die Wasser laufen nach der Donau. Mir gibt es
sehr schnell einen Begriff von jeder Gegend, wenn ich bei dem
kleinsten Wasser forsche, wohin es läuft, zu welcher Flußregion es
gehört. Man findet alsdann selbst in Gegenden, die man nicht
übersehen kann, einen Zusammenhang der Berge und Täler gedankenweise.
Vor gedachtem Ort beginnt die treffliche Chaussee von Granitsand; es
läßt sich keine vollkommenere denken; denn da der aufgelöste Granit
aus Kiesel und Tonerde besteht, so gibt das zugleich einen festen
Grund und ein schönes Bindungsmittel, die Straße glatt wie eine Tenne
zu machen. Die Gegend, durch die sie geführt ist, sieht desto
schlechter aus: gleichfalls Granitsand, flachliegend, moorig, und der
schöne Weg desto erwünschter. Da nun zugleich das Land abfällt, so
kömmt man fort mit unglaublicher Schnelle, die gegen den böhmischen
Schneckengang recht absticht. Beiliegendes Blättchen benennt die
verschiedenen Stationen. Genug, ich war den andern Morgen um zehn Uhr
in Regensburg und hatte also diese vierundzwanzig und eine halbe Meile
in einunddreißig Stunden zurückgelegt. Da es anfing, Tag zu werden,
befand ich mich zwischen Schwanendorf und Regenstauf, und nun bemerkte
ich die Veränderung des Ackerbodens ins Bessere. Es war nicht mehr
Verwitterung des Gebirgs, sondern aufgeschwemmtes, gemischtes Erdreich.
Den Regenfluß herauf hatte in uralten Zeiten Ebbe und Flut aus dem
Donautal in alle die Täler gewirkt, die gegenwärtig ihre Wasser
dorthin ergießen, und so sind diese natürlichen Polder entstanden,
worauf der Ackerbau gegründet ist. Diese Bemerkung gilt in der
Nachbarschaft aller größern und kleinern Flüsse, und mit diesem
Leitfaden kann der Beobachter einen schnellen Aufschluß über jeden der
Kultur geeigneten Boden erlangen.


Donau bei Regensburg. Zeichnung von Goethe

Regensburg liegt gar schön. Die Gegend mußte eine Stadt herlocken;
auch haben sich die geistlichen Herren wohl bedacht. Alles Feld um
die Stadt gehört ihnen, in der Stadt steht Kirche gegen Kirche und
Stift gegen Stift. Die Donau erinnert mich an den alten Main. Bei
Frankfurt haben Fluß und Brücke ein besseres Ansehn, hier aber nimmt
sich das gegenüberliegende Stadt am Hof recht artig aus. Ich verfügte
mich gleich in das Jesuitenkollegium, wo das jährliche Schauspiel
durch Schüler gegeben ward, sah das Ende der Oper und den Anfang des
Trauerspiels. Sie machten es nicht schlimmer als eine angehende
Liebhabertruppe und waren recht schön, fast zu prächtig gekleidet.
Auch diese öffentliche Darstellung hat mich von der Klugheit der
Jesuiten aufs neue überzeugt. Sie verschmähten nichts, was irgend
wirken konnte, und wußten es mit Liebe und Aufmerksamkeit zu behandeln.
Hier ist nicht Klugheit, wie man sie sich in Abstracto denkt, es ist
eine Freude an der Sache dabei, ein Mit--und Selbstgenuß, wie er aus
dem Gebrauche des Lebens entspringt. Wie diese große geistliche
Gesellschaft Orgelbauer, Bildschnitzer und Vergulder unter sich hat,
so sind gewiß auch einige, die sich des Theaters mit Kenntnis und
Neigung annehmen, und wie durch gefälligen Prunk sich ihre Kirchen
auszeichnen, so bemächtigen sich die einsichtigen Männer hier der
weltlichen Sinnlichkeit durch ein anständiges Theater.

Heute schreibe ich unter dem neunundvierzigsten Grade. Er läßt sich
gut an. Der Morgen war kühl, und man klagt auch hier über Nässe und
Kälte des Sommers; aber es entwickelte sich ein herrlicher gelinder
Tag. Die milde Luft, die ein großer Fluß mitbringt, ist ganz etwas
Eigenes. Das Obst ist nicht sonderlich. Gute Birnen hab' ich
gespeist; aber ich sehne mich nach Trauben und Feigen.

Der Jesuiten Tun und Wesen hält meine Betrachtungen fest. Kirchen,
Türme, Gebäude haben etwas Großes und Vollständiges in der Anlage, das
allen Menschen insgeheim Ehrfurcht einflößt. Als Dekoration ist nun
Gold, Silber, Metall, geschliffene Steine in solcher Pracht und
Reichtum gehäuft, der die Bettler aller Stände blenden muß. Hier und
da fehlt es auch nicht an etwas Abgeschmacktem, damit die Menschheit
versöhnt und angezogen werde. Es ist dieses überhaupt der Genius des
katholischen äußeren Gottesdienstes; noch nie habe ich es aber mit so
viel Verstand, Geschick und Konsequenz ausgeführt gesehen als bei den
Jesuiten. Alles trifft darin überein, daß sie nicht wie andere
Ordensgeistliche eine alte abgestumpfte Andacht fortsetzten, sondern
sie dem Geist der Zeit zuliebe durch Prunk und Pracht wieder
aufstutzten.

Ein sonderbar Gestein wird hier zu Werkstücken verarbeitet, dem
Scheine nach eine Art Totliegendes, das jedoch für älter, für
ursprünglich, ja für porphyrartig gehalten werden muß. Es ist
grünlich mit Quarz gemischt, löcherig, und es finden sich große Flecke
des festesten Jaspis darin, in welchem sich wieder kleine runde
Flecken von Breccienart zeigen. Ein Stück war gar zu instruktiv und
appetitlich, der Stein aber zu fest, und ich habe geschworen, mich auf
dieser Reise nicht mit Steinen zu schleppen.


München, den 6. September.

Den fünften September halb ein Uhr Mittag reiste ich von Regensburg ab.
Bei Abach ist eine schöne Gegend, wo die Donau sich an Kalkfelsen
bricht, bis gegen Saale. Es ist der Kalk wie der bei Osteroda am Harz,
dicht, aber im ganzen löcherig. Um sechs Uhr morgens war ich in
München, und nachdem ich mich zwölf Stunden umgesehen, will ich nur
weniges bemerken. In der Bildergalerie fand ich mich nicht
einheimisch; ich muß meine Augen erst wieder an Gemälde gewöhnen. Es
sind treffliche Sachen. Die Skizzen von Rubens von der Luxemburger
Galerie haben mir große Freude gemacht.

Hier steht auch das vornehme Spielwerk, die Trajanische Säule in
Modell. Der Grund Lapislazuli, die Figuren verguldet. Es ist immer
ein schön Stück Arbeit, und man betrachtet es gern.

Im Antikensaale konnte ich recht bemerken, daß meine Augen auf diese
Gegenstände nicht geübt sind, deswegen wollte ich nicht verweilen und
Zeit verderben. Vieles sprach mich gar nicht an, ohne daß ich sagen
könnte warum. Ein Drusus erregte meine Aufmerksamkeit, zwei Antonine
gefielen mir und so noch einiges. Im ganzen stehen die Sachen auch
nicht glücklich, ob man gleich mit ihnen hat aufputzen wollen, und der
Saal oder vielmehr das Gewölbe ein gutes Ansehn hätte, wenn es nur
reinlicher und besser unterhalten wäre. Im Naturalienkabinett fand
ich schöne Sachen aus Tirol, die ich in kleinen Musterstücken schon
kenne, ja besitze.

Es begegnete mir eine Frau mit Feigen, welche als die ersten
vortrefflich schmeckten. Aber das Obst überhaupt ist doch für den
achtundvierzigsten Grad nicht besonders gut. Man klagt hier durchaus
über Kälte und Nässe. Ein Nebel, der für einen Regen gelten konnte,
empfing mich heute früh vor München. Den ganzen Tag blies der Wind
sehr kalt vom Tiroler Gebirg. Als ich vom Turm dahin sah, fand ich es
bedeckt und den ganzen Himmel überzogen. Nun scheint die Sonne im
Untergehen noch an den alten Turm, der mir vor dem Fenster steht.
Verzeihung, daß ich so sehr auf Wind und Wetter achthabe: der Reisende
zu Lande, fast so sehr als der Schiffer, hängt von beiden ab, und es
wäre ein Jammer, wenn mein Herbst in fremden Landen so wenig
begünstigt sein sollte als der Sommer zu Hause.

Nun soll es gerade auf Innsbruck. Was lass' ich nicht alles rechts
und links liegen, um den einen Gedanken auszuführen, der fast zu alt
in meiner Seele geworden ist!


Mittenwald, den 7. September, abends.

Es scheint, mein Schutzgeist sagt Amen zu meinem Kredo, und ich danke
ihm, der mich an einem so schönen Tage hierher geführt hat. Der
letzte Postillon sagte mit vergnüglichem Ausruf, es sei der erste im
ganzen Sommer. Ich nähre meinen stillen Aberglauben, daß es so
fortgehen soll, doch müssen mir die Freunde verzeihen, wenn wieder von
Luft und Wolken die Rede ist.

Als ich um fünf Uhr von München wegfuhr, hatte sich der Himmel
aufgeklärt. An den Tiroler Bergen standen die Wolken in ungeheuern
Massen fest. Die Streifen der untern Regionen bewegten sich auch
nicht. Der Weg geht auf den Höhen, wo man unten die Isar fließen
sieht, über zusammengeschwemmte Kieshügel hin. Hier wird uns die
Arbeit der Strömungen des uralten Meeres faßlich. In manchem
Granitgeschiebe fand ich Geschwister und Verwandte meiner
Kabinettsstücke, die ich Knebeln verdanke.

Die Nebel des Flusses und der Wiesen wehrten sich eine Weile, endlich
wurden auch diese aufgezehrt. Zwischen gedachten Kieshügeln, die man
sich mehrere Stunden weit und breit denken muß, das schönste
fruchtbarste Erdreich wie im Tale des Regenflusses. Nun muß man
wieder an die Isar und sieht einen Durchschnitt und Abhang der
Kieshügel, wohl hundertundfunfzig Fuß hoch. Ich gelangte nach
Wolfrathshausen und erreichte den achtundvierzigsten Grad. Die Sonne
brannte heftig, niemand traut dem schönen Wetter, man schreit über das
böse des vergehenden Jahres, man jammert, daß der große Gott gar keine
Anstalt machen will.

Nun ging mir eine neue Welt auf. Ich näherte mich den Gebirgen, die
sich nach und nach entwickelten.

Benediktbeuern liegt köstlich und überrascht beim ersten Anblick. In
einer fruchtbaren Fläche ein lang und breites weißes Gebäude und ein
breiter hoher Felsrücken dahinter. Nun geht es hinauf zum Kochelsee;
noch höher ins Gebirge zum Walchensee. Hier begrüßte ich die ersten
beschneiten Gipfel, und auf meine Verwunderung, schon so nahe bei den
Schneebergen zu sein, vernahm ich, daß es gestern in dieser Gegend
gedonnert, geblitzt und auf den Bergen geschneit habe. Aus diesen
Meteoren wollte man Hoffnung zu besserem Wetter schöpfen und aus dem
ersten Schnee eine Umwandlung der Atmosphäre vermuten. Die
Felsklippen, die mich umgeben, sind alle Kalk, von dem ältesten, der
noch keine Versteinerungen enthält. Diese Kalkgebirge gehen in
ungeheuern ununterbrochenen Reihen von Dalmatien bis an den Sankt
Gotthard und weiter fort. Hacquet hat einen großen Teil der Kette
bereist. Sie lehnen sich an das quarz--und tonreiche Urgebirge.

Nach Walchensee gelangte ich um halb fünf. Etwa eine Stunde von dem
Orte begegnete mir ein artiges Abenteuer: ein Harfner mit seiner
Tochter, einem Mädchen von eilf Jahren, gingen vor mir her und baten
mich, das Kind einzunehmen. Er trug das Instrument weiter, ich ließ
sie zu mir sitzen, und sie stellte eine große neue Schachtel
sorgfältig zu ihren Füßen. Ein artiges ausgebildetes Geschöpf, in der
Welt schon ziemlich bewandert. Nach Maria-Einsiedel war sie mit ihrer
Mutter zu Fuß gewallfahrtet, und beide wollten eben die größere Reise
nach St. Jago von Compostell antreten, als die Mutter mit Tode abging
und ihr Gelübde nicht erfüllen sollte. Man könne in der Verehrung der
Mutter Gottes nie zuviel tun, meinte sie. Nach einem großen Brande
habe sie selbst gesehen ein ganzes Haus niedergebrannt bis auf die
untersten Mauern, und über der Türe hinter einem Glase das
Muttergottesbild, Glas und Bild unversehrt, welches denn doch ein
augenscheinliches Wunder sei. All ihre Reisen habe sie zu Fuße
gemacht, zuletzt in München vor dem Kurfürsten gespielt und sich
überhaupt vor einundzwanzig fürstlichen Personen hören lassen. Sie
unterhielt mich recht gut. Hübsche große braune Augen, eine
eigensinnige Stirn, die sich manchmal ein wenig hinaufwärts faltete.
Wenn sie sprach, war sie angenehm und natürlich, besonders wenn sie
kindischlaut lachte; hingegen wenn sie schwieg, schien sie etwas
bedeuten zu wollen und machte mit der Oberlippe eine fatale Miene.
Ich sprach sehr viel mit ihr durch, sie war überall zu Hause und
merkte gut auf die Gegenstände. So fragte sie mich einmal, was das
für ein Baum sei. Es war ein schöner großer Ahorn, der erste, der mir
auf der ganzen Reise zu Gesichte kam. Den hatte sie doch gleich
bemerkt und freute sich, da mehrere nach und nach erschienen, daß sie
auch diesen Baum unterscheiden könne. Sie gehe, sagte sie, nach Bozen
auf die Messe, wo ich doch wahrscheinlich auch hinzöge. Wenn sie mich
dort anträfe, müsse ich ihr einen Jahrmarkt kaufen, welches ich ihr
denn auch versprach. Dort wollte sie auch ihre neue Haube aufsetzen,
die sie sich in München von ihrem Verdienst habe machen lassen. Sie
wolle mir solche im voraus zeigen. Nun eröffnete sie die Schachtel,
und ich mußte mich des reichgestickten und wohlbebänderten
Kopfschmuckes mit ihr erfreuen.

über eine andere frohe Aussicht vergnügten wir uns gleichfalls
zusammen. Sie versicherte nämlich, daß es gut Wetter gäbe. Sie
trügen ihren Barometer mit sich, und das sei die Harfe. Wenn sich der
Diskant hinaufstimme, so gebe es gutes Wetter, und das habe er heute
getan. Ich ergriff das Omen, und wir schieden im besten Humor, in der
Hoffnung eines baldigen Wiedersehns.


Auf dem Brenner, den 8. September, abends.

Hierher gekommen, gleichsam gezwungen, endlich an einen Ruhepunkt, an
einen stillen Ort, wie ich ihn mir nur hätte wünschen können. Es war
ein Tag, den man jahrelang in der Erinnerung genießen kann. Um sechs
Uhr verließ ich Mittenwald, den klaren Himmel reinigte ein scharfer
Wind vollkommen. Es war eine Kälte, wie sie nur im Februar erlaubt
ist. Nun aber bei dem Glanze der aufgehenden Sonne die dunkeln, mit
Fichten bewachsenen Vordergründe, die grauen Kalkfelsen dazwischen und
dahinter die beschneiten höchsten Gipfel auf einem tieferen
Himmelsblau, das waren köstliche, ewig abwechselnde Bilder.

Bei Scharnitz kommt man ins Tirol. Die Grenze ist mit einem Walle
geschlossen, der das Tal verriegelt und sich an die Berge anschließt.
Es sieht gut aus: an der einen Seite ist der Felsen befestigt, an der
andern steigt er senkrecht in die Höhe. Von Seefeld wird der Weg
immer interessanter, und wenn er bisher seit Benediktbeuern herauf von
Höhe zu Höhe stieg und alle Wasser die Region der Isar suchten, so
blickt man nun über einen Rücken in das Inntal, und Inzingen liegt vor
uns. Die Sonne war hoch und heiß, ich mußte meine Kleidung
erleichtern, die ich bei der veränderlichen Atmosphäre des Tages oft
wechsele.

Bei Zirl fährt man ins Inntal herab. Die Lage ist unbeschreiblich
schön, und der hohe Sonnenduft machte sie ganz herrlich. Der
Postillon eilte mehr, als ich wünschte: er hatte noch keine Messe
gehört und wollte sie in Innsbruck, es war eben Marientag, um desto
andächtiger zu sich nehmen. Nun rasselte es immer an dem Inn hinab,
an der Martinswand vorbei, einer steil abgehenden ungeheuern Kalkwand.
Zu dem Platze, wohin Kaiser Maximilian sich verstiegen haben soll,
getraute ich mir wohl ohne Engel hin und her zu kommen, ob es gleich
immer ein frevelhaftes Unternehmen wäre.

Innsbruck liegt herrlich in einem breiten, reichen Tale zwischen hohen
Felsen und Gebirgen. Erst wollte ich dableiben, aber es ließ mir
keine Ruhe. Kurze Zeit ergetzte ich mich an dem Sohne des Wirts,
einem leibhaftigen Söller. So begegnen mir nach und nach meine
Menschen. Das Fest Mariä Geburt zu feiern, ist alles geputzt. Gesund
und wohlhäbig, zu Scharen, wallfahrten sie nach Wilten, einem
Andachtsorte, eine Viertelstunde von der Stadt gegen das Gebirge zu.
Um zwei Uhr, als mein rollender Wagen das muntere bunte Gedränge
teilte, war alles in frohem Zug und Gang.

Von Innsbruck herauf wird es immer schöner, da hilft kein Beschreiben.
Auf den gebahntesten Wegen steigt man eine Schlucht herauf, die das
Wasser nach dem Inn zu sendet, eine Schlucht, die den Augen unzählige
Abwechselungen bietet. Wenn der Weg nah am schroffsten Felsen hergeht,
ja in ihn hineingehauen ist, so erblickt man die Seite gegenüber
sanft abhängig, so daß noch kann der schönste Feldbau darauf geübt
werden. Es liegen Dörfer, Häuser, Häuschen, Hütten, alles weiß
angestrichen, zwischen Feldern und Hecken auf der abhängenden hohen
und breiten Fläche. Bald verändert sich das Ganze; das Benutzbare
wird zur Wiese, bis sich auch das in einen steilen Abhang verliert.

Zu meiner Welterschaffung habe ich manches erobert, doch nichts ganz
Neues und Unerwartetes. Auch habe ich viel geträumt von dem Modell,
wovon ich so lange rede, woran ich so gern anschaulich machen möchte,
was in meinem Innern herumzieht, und was ich nicht jedem in der Natur
vor Augen stellen kann.

Nun wurde es dunkler und dunkler, das Einzelne verlor sich, die Massen
wurden immer größer und herrlicher, endlich, da sich alles nur wie ein
tiefes geheimes Bild vor mir bewegte, sah ich auf einmal wieder die
hohen Schneegipfel vom Mond beleuchtet, und nun erwarte ich, daß der
Morgen diese Felsenkluft erhelle, in der ich auf der Grenzscheide des
Südens und Nordens eingeklemmt bin.

Ich füge noch einige Bemerkungen hinzu über die Witterung, die mir
vielleicht ebendeswegen so günstig ist, weil ich ihr so viele
Betrachtungen widme. Auf dem flachen Lande empfängt man gutes und
böses Wetter, wenn es schon fertig geworden, im Gebirge ist man
gegenwärtig, wenn es entsteht. Dieses ist mir nun so oft begegnet,
wenn ich auf Reisen, Spaziergängen, auf der Jagd Tag und Nächte lang
in den Bergwäldern, zwischen Klippen verweilte, und da ist mir eine
Grille aufgestiegen, die ich auch für nichts anders geben will, die
ich aber nicht loswerden kann, wie man denn eben die Grillen am
wenigsten loswird. Ich sehe sie überall, als wenn es eine Wahrheit
wäre, und so will ich sie denn auch aussprechen, da ich ohnehin die
Nachsicht meiner Freunde so oft zu prüfen im Falle bin.

Betrachten wir die Gebirge näher oder ferner und sehen ihre Gipfel
bald im Sonnenscheine glänzen, bald vorn Nebel umzogen, von stürmenden
Wolken umsaust, von Regenstrichen gepeitscht, mit Schnee bedeckt, so
schreiben wir das alles der Atmosphäre zu, da wir mit Augen ihre
Bewegungen und Veränderungen gar wohl sehen und fassen. Die Gebirge
hingegen liegen vor unserm äußeren Sinn in ihrer herkömmlichen Gestalt
unbeweglich da. Wir halten sie für tot, weil sie erstarrt sind, wir
glauben sie untätig, weil sie ruhen. Ich aber kann mich schon seit
längerer Zeit nicht entbrechen, einer innern, stillen, geheimen
Wirkung derselben die Veränderungen, die sich in der Atmosphäre zeigen,
zum großen Teile zuzuschreiben. Ich glaube nämlich, daß die Masse
der Erde überhaupt, und folglich auch besonders ihre hervorragenden
Grundfesten, nicht eine beständige, immer gleiche Anziehungskraft
ausüben, sondern daß diese Anziehungskraft sich in einem gewissen
Pulsieren äußert, so daß sie sich durch innere notwendige, vielleicht
auch äußere zufällige Ursachen bald vermehrt, bald vermindert. Mögen
alle anderen Versuche, diese Oszillation darzustellen, zu beschränkt
und roh sein, die Atmosphäre ist zart und weit genug, um uns von jenen
stillen Wirkungen zu unterrichten. Vermindert sich jene
Anziehungskraft im geringsten, alsobald deutet uns die verringerte
Schwere, die verminderte Elastizität der Luft diese Wirkung an. Die
Atmosphäre kann die Feuchtigkeit, die in ihr chemisch und mechanisch
verteilt war, nicht mehr tragen, Wolken senken sich, Regen stürzen
nieder, und Regenströme ziehen nach dem Lande zu. Vermehrt aber das
Gebirg seine Schwerkraft, so wird alsobald die Elastizität der Luft
wiederhergestellt, und es entspringen zwei wichtige Phänomene. Einmal
versammeln die Berge ungeheure Wolkenmassen um sich her, halten sie
fest und starr wie zweite Gipfel über sich, bis sie, durch innern
Kampf elektrischer Kräfte bestimmt, als Gewitter, Nebel und Regen
niedergehen, sodann wirkt auf den überrest die elastische Luft, welche
nun wieder mehr Wasser zu fassen, aufzulösen und zu verarbeiten fähig
ist. Ich sah das Aufzehren einer solchen Wolke ganz deutlich: sie
hing um den steilsten Gipfel, das Abendrot beschien sie. Langsam,
langsam sonderten ihre Enden sich ab, einige Flocken wurden weggezogen
und in die Höhe gehoben; diese verschwanden, und so verschwand die
ganze Masse nach und nach und ward vor meinen Augen wie ein Rocken von
einer unsichtbaren Hand ganz eigentlich abgesponnen.

Wenn die Freunde über den ambulanten Wetterbeobachter und dessen
seltsame Theorien gelächelt haben, so gebe ich ihnen vielleicht durch
einige andere Betrachtungen Gelegenheit zum Lachen, denn ich muß
gestehen, da meine Reise eigentlich eine Flucht war vor allen den
Unbilden, die ich unter dem einundfunfzigsten Grade erlitten, daß ich
Hoffnung hatte, unter dem achtundvierzigsten ein wahres Gosen zu
betreten. Allein ich fand mich getäuscht, wie ich früher hätte wissen
sollen; denn nicht die Polhöhe allein macht Klima und Witterung,
sondern die Bergreihen, besonders jene, die von Morgen nach Abend die
Länder durchschneiden. In diesen ereignen sich immer große
Veränderungen, und nordwärts liegende Länder haben am meisten darunter
zu leiden. So scheint auch die Witterung für den ganzen Norden diesen
Sommer über durch die große Alpenkette, auf der ich dieses schreibe,
bestimmt worden zu sein. Hier hat es die letzten Monate her immer
geregnet, und Südwest und Südost haben den Regen durchaus nordwärts
geführt. In Italien sollen sie schön Wetter, ja zu trocken gehabt
haben.

Nun von dem abhängigen, durch Klima, Berghöhe, Feuchtigkeit auf das
mannigfaltigste bedingten Pflanzenreich einige Worte. Auch hierin
habe ich keine sonderliche Veränderung, doch Gewinn gefunden. Äpfel
und Birnen hängen schon häufig vor Innsbruck in dem Tale, Pfirschen
und Trauben hingegen bringen sie aus Welschland oder vielmehr aus dem
mittägigen Tirol. Um Innsbruck bauen sie viel Türkisch--und Heidekorn,
das sie Blende nennen. Den Brenner herauf sah ich die ersten
Lärchenbäume, bei Schönberg den ersten Zirbel. Ob wohl das
Harfnermädchen hier auch nachgefragt hätte?

Die Pflanzen betreffend, fühl' ich noch sehr meine Schülerschaft. Bis
München glaubt' ich wirklich nur die gewöhnlichen zu sehen. Freilich
war meine eilige Tag--und Nachtfahrt solchen feinern Beobachtungen
nicht günstig. Nun habe ich zwar meinen Linné bei mir und seine
Terminologie wohl eingeprägt, wo soll aber Zeit und Ruhe zum
Analysieren herkommen, das ohnehin, wenn ich mich recht kenne, meine
Stärke niemals werden kann? Daher schärf' ich mein Auge aufs
Allgemeine, und als ich am Walchensee die erste Gentiana sah, fiel mir
auf, daß ich auch bisher zuerst am Wasser die neuen Pflanzen fand.

Was mich noch aufmerksamer machte, war der Einfluß, den die
Gebirgshöhe auf die Pflanzen zu haben schien. Nicht nur neue Pflanzen
fand ich da, sondern Wachstum der alten verändert; wenn in der tiefern
Gegend Zweige und Stengel stärker und mastiger waren, die Augen näher
aneinander standen und die Blätter breit waren, so wurden höher ins
Gebirg hinauf Zweige und Stengel zarter, die Augen rückten auseinander,
so daß von Knoten zu Knoten ein größerer Zwischenraum stattfand und
die Blätter sich lanzenförmiger bildeten. Ich bemerkte dies bei einer
Weide und einer Gentiana und überzeugte mich, daß es nicht etwa
verschiedene Arten wären. Auch am Walchensee bemerkte ich längere und
schlankere Binsen als im Unterlande.

Die Kalkalpen, welche ich bisher durchschnitten, haben eine graue
Farbe und schöne, sonderbare, unregelmäßige Formen, ob sich gleich der
Fels in Lager und Bänke teilt. Aber weil auch geschwungene Lager
vorkommen und der Fels überhaupt ungleich verwittert, so sehen die
Wände und Gipfel seltsam aus. Diese Gebirgsart steigt den Brenner
weit herauf. In der Gegend des oberen Sees fand ich eine Veränderung
desselben. An dunkelgrünen und dunkelgrauen Glimmerschiefer, stark
mit Quarz durchzogen, lehnte sich ein weißer, dichter Kalkstein, der
an der Ablösung glimmerig war und in großen, obgleich unendlich
zerklüfteten Massen anstand. Über demselben fand ich wieder
Glimmerschiefer, der mir aber zärter als der vorige zu sein schien.
Weiter hinauf zeigt sich eine besondere Art Gneis oder vielmehr eine
Granitart, die sich dem Gneis zubildet, wie in der Gegend von Elbogen.
Hier oben, gegen dem Hause über, ist der Fels Glimmerschiefer. Die
Wasser, die aus dem Berge kommen, bringen nur diesen Stein und grauen
Kalk mit.

Nicht fern muß der Granitstock sein, an den sich alles anlehnt. Die
Karte zeigt, daß man sich an der Seite des eigentlichen großen
Brenners befindet, von dem aus die Wasser sich ringsum ergießen.

Vom äußern des Menschengeschlechts habe ich so viel aufgefaßt. Die
Nation ist wacker und gerade vor sich hin. Die Gestalten bleiben sich
ziemlich gleich, braune, wohlgeöffnete Augen und sehr gut gezeichnete
schwarze Augenbraunen bei den Weibern; dagegen blonde und breite
Augenbraunen bei den Männern. Diesen geben die grünen Hüte zwischen
den grauen Felsen ein fröhliches Ansehn. Sie tragen sie geziert mit
Bändern oder breiten Schärpen von Taft mit Franzen, die mit Nadeln gar
zierlich aufgeheftet werden. Auch hat jeder eine Blume oder eine
Feder auf dem Hut. Dagegen verbilden sich die Weiber durch weiße,
baumwollene, zottige, sehr weite Mützen, als wären es unförmliche
Mannesnachtmützen. Das gibt ihnen ein ganz fremdes Ansehn, da sie im
Auslande die grünen Mannshüte tragen, die sehr schön kleiden.

Ich habe Gelegenheit gehabt zu sehen, welchen Wert die gemeinen Leute
auf Pfauenfedern legen, und wie überhaupt jede bunte Feder geehrt wird.
Wer diese Gebirge bereisen wollte, müßte dergleichen mit sich führen.
Eine solche am rechten Orte angebrachte Feder würde statt des
willkommensten Trinkgeldes dienen.

Indem ich nun diese Blätter sondere, sammele, hefte und dergestalt
einrichte, daß sie meinen Freunden bald einen leichten überblick
meiner bisherigen Schicksale gewähren können, und daß ich mir zugleich,
was ich bisher erfahren und gedacht, von der Seele wälze, betrachte
ich dagegen mit einem Schauer manche Pakete, von denen ich ein kurz
und gutes Bekenntnis ablegen muß: sind es doch meine Begleiter, werden
sie nicht viel Einfluß auf meine nächsten Tage haben!

Ich hatte nach Karlsbad meine sämtlichen Schriften mitgenommen, um die
von Göschen zu besorgende Ausgabe schließlich zusammenzustellen. Die
ungedruckten besaß ich schon längst in schönen Abschriften von der
geschickten Hand des Sekretär Vogel. Dieser wackere Mann begleitete
mich auch diesmal, um mir durch seine Fertigkeit beizustehen. Dadurch
ward ich in den Stand gesetzt, die vier ersten Bände unter der
treusten Mitwirkung Herders an den Verleger abzusenden, und war im
Begriff, mit den vier letzten das gleiche zu tun. Diese bestanden
teils aus nur entworfenen Arbeiten, ja aus Fragmenten, wie denn meine
Unart, vieles anzufangen und bei vermindertem Interesse liegen zu
lassen, mit den Jahren, Beschäftigungen und Zerstreuungen allgemach
zugenommen hatte.

Da ich nun diese Dinge sämtlich mit mir führte, so gehorchte ich gern
den Anforderungen der Karlsbader geistreichen Gesellschaft und las ihr
alles vor, was bisher unbekannt geblieben, da man sich denn jedesmal
über das Nichtvollbringen derjenigen Dinge, an denen man sich gern
länger unterhalten hätte, bitterlich beschwerte.

Die Feier meines Geburtstages bestand hauptsächlich darin, daß ich
mehrere Gedichte erhielt im Namen meiner unternommenen, aber
vernachlässigten Arbeiten, worin sich jedes nach seiner Art über mein
Verfahren beklagte. Darunter zeichnete sich ein Gedicht im Namen der
Vögel aus, wo eine an Treufreund gesendete Deputation dieser muntern
Geschöpfe inständig bat, er möchte doch das ihnen zugesagte Reich
nunmehr auch gründen und einrichten. Nicht weniger einsichtig und
anmutig waren die äußerungen über meine andern Stückwerke, so daß sie
mir auf einmal wieder lebendig wurden und ich den Freunden meine
gehabten Vorsätze und vollständigen Plane mit Vergnügen erzählte.
Dies veranlaßte dringende Forderungen und Wünsche und gab Herdern
gewonnen Spiel, als er mich zu überreden suchte, ich möchte diese
Papiere nochmals mit mir nehmen, vor allem aber Iphigenien noch einige
Aufmerksamkeit schenken, welche sie wohl verdiene. Das Stück, wie es
gegenwärtig liegt, ist mehr Entwurf als Ausführung, es ist in
poetischer Prosa geschrieben, die sich manchmal in einen jambischen
Rhythmus verliert, auch wohl andern Silbenmaßen ähnelt. Dieses tut
freilich der Wirkung großen Eintrag, wenn man es nicht sehr gut liest
und durch gewisse Kunstgriffe die Mängel zu verbergen weiß. Er legte
mir dieses so dringend ans Herz, und da ich meinen größeren Reiseplan
ihm wie allen verborgen hatte, so glaubte er, es sei nur wieder von
einer Bergwanderung die Rede, und weil er sich gegen Mineralogie und
Geologie immer spöttisch erwies, meinte er, ich sollte, anstatt taubes
Gestein zu klopfen, meine Werkzeuge an diese Arbeit wenden. Ich
gehorchte so vielen wohl gemeinten Andrängen: bis hierher aber war es
nicht möglich, meine Aufmerksamkeit dahin zu lenken. Jetzt sondere
ich "Iphigenien" aus dem Paket und nehme sie mit in das schöne, warme
Land als Begleiterin. Der Tag ist so lang, das Nachdenken ungestört,
und die herrlichen Bilder der Umwelt verdrängen keineswegs den
poetischen Sinn, sie rufen ihn vielmehr, von Bewegung und freier Luft
begleitet, nur desto schneller hervor.


Vom Brenner bis Verona

Trient, den 11. September, früh.

Nachdem ich völlig funfzig Stunden am Leben und in steter
Beschäftigung gewesen, kam ich gestern abend um acht Uhr hier an,
begab mich bald zur Ruhe und finde mich nun wieder imstande, in meiner
Erzählung fortzufahren. Am Neunten abends, als ich das erste Stück
meines Tagebuchs geschlossen hatte, wollte ich noch die Herberge, das
Posthaus auf dem Brenner, in seiner Lage zeichnen, aber es gelang
nicht, ich verfehlte den Charakter und ging halb verdrießlich nach
Hause. Der Wirt fragte mich, ob ich nicht fort wollte, es sei
Mondenschein und der beste Weg, und ob ich wohl wußte, daß er die
Pferde morgen früh zum Einfahren des Grummets brauchte und bis dahin
gern wieder zu Hause hätte, sein Rat also eigennützig war, so nahm ich
ihn doch, weil er mit meinem innern Triebe übereinstimmte, als gut an.
Die Sonne ließ sich wieder blicken, die Luft war leidlich; ich packte
ein, und um sieben Uhr fuhr ich weg. Die Atmosphäre ward über die
Wolken Herr und der Abend gar schön.

Der Postillon schlief ein, und die Pferde liefen den schnellsten Trab
bergunter, immer auf dem bekannten Wege fort; kamen sie an ein eben
Fleck, so ging es desto langsamer. Der Führer wachte auf und trieb
wieder an, und so kam ich sehr geschwind, zwischen hohen Felsen, an
dem reißenden Etschfluß hinunter. Der Mond ging auf und beleuchtete
ungeheuere Gegenstände. Einige Mühlen zwischen uralten Fichten über
dem schäumenden Strom waren völlige Everdingen.

Als ich um neun Uhr nach Sterzing gelangte, gab man mir zu verstehen,
daß man mich gleich wieder wegwünsche. In Mittenwald Punkt zwölf Uhr
fand ich alles in tiefem Schlafe, außer dem Postillon, und so ging es
weiter auf Brixen, wo man mich wieder gleichsam entführte, so daß ich
mit dem Tage in Kollmann ankam. Die Postillons fuhren, daß einem
Sehen und Hören verging, und so leid es mir tat, diese herrlichen
Gegenden mit der entsetzlichsten Schnelle und bei Nacht wie im Fluge
zu durchreisen, so freuete es mich doch innerlich, daß ein günstiger
Wind hinter mir herblies und mich meinen Wünschen zujagte. Mit
Tagesanbruch erblickte ich die ersten Rebhügel. Eine Frau mit Birnen
und Pfirschen begegnete mir, und so ging es auf Teutschen los, wo ich
um sieben Uhr ankam und gleich weiterbefördert wurde. Nun erblickte
ich endlich bei hohem Sonnenschein, nachdem ich wieder eine Weile
nordwärts gefahren war, das Tal, worin Bozen liegt. Von steilen, bis
auf eine ziemliche Höhe angebauten Bergen umgeben, ist es gegen Mittag
offen, gegen Norden von den Tiroler Bergen gedeckt. Eine milde,
sanfte Luft füllte die Gegend. Hier wendet sich die Etsch wieder
gegen Mittag. Die Hügel am Fuße der Berge sind mit Wein bebaut. Über
lange, niedrige Lauben sind die Stöcke gezogen, die blauen Trauben
hängen gar zierlich von der Decke herunter und reifen an der Wärme des
nahen Bodens. Auch in der Fläche des Tals, wo sonst nur Wiesen sind,
wird der Wein in solchen eng aneinander stehenden Reihen von Lauben
gebaut, dazwischen das türkische Korn, das nun immer höhere Stengel
treibt. Ich habe es oft zu zehn Fuß hoch gesehen. Die zaselige
männliche Blüte ist noch nicht abgeschnitten, wie es geschieht, wenn
die Befruchtung eine Zeitlang vorbei ist.

Bei heiterm Sonnenschein kam ich nach Bozen. Die vielen
Kaufmannsgesichter freuten mich beisammen. Ein absichtliches,
wohlbehagliches Dasein drückt sich recht lebhaft aus. Auf dem Platze
saßen Obstweiber mit runden, flachen Körben, über vier Fuß im
Durchmesser, worin die Pfirschen nebeneinander lagen, daß sie sich
nicht drücken sollten. Ebenso die Birnen. Hier fiel mir ein, was ich
in Regensburg am Fenster des Wirtshauses geschrieben sah:


Comme les pêches et les mélons
Sont pour la bouche d'un baron,
Ainsi les verges et les bâtons
Sont pour les fous, dit Salomon.



Daß ein nordischer Baron dies geschrieben, ist offenbar, und daß er in
diesen Gegenden seine Begriffe ändern würde, ist auch natürlich.

Die Bozner Messe bewirkt einen starken Seidenvertrieb; auch Tücher
werden dahin gebracht und was an Leder aus den gebirgigen Gegenden
zusammengeschafft wird. Doch kommen mehrere Kaufleute hauptsächlich,
um Gelder einzukassieren, Bestellungen anzunehmen und neuen Kredit zu
geben, dahin. Ich hatte große Lust, alle die Produkte zu beleuchten,
die hier auf einmal zusammengefunden werden, doch der Trieb, die
Unruhe, die hinter mir ist, läßt mich nicht rasten, und ich eile
sogleich wieder fort. Dabei kann ich mich trösten, daß in unsern
statistischen Zeiten dies alles wohl schon gedruckt ist und man sich
gelegentlich davon aus Büchern unterrichten kann. Mir ist jetzt nur
um die sinnlichen Eindrücke zu tun, die kein Buch, kein Bild gibt.
Die Sache ist, daß ich wieder Interesse an der Welt nehme, meinen
Beobachtungsgeist versuche und prüfe, wie weit es mit meinen
Wissenschaften und Kenntnissen geht, ob mein Auge licht, rein und hell
ist, wieviel ich in der Geschwindigkeit fassen kann, und ob die Falten,
die sich in mein Gemüt geschlagen und gedrückt haben, wieder
auszutilgen sind. Schon jetzt, daß ich mich selbst bediene, immer
aufmerksam, immer gegenwärtig sein muß, gibt mir diese wenigen Tage
her eine ganz andere Elastizität des Geistes; ich muß mich um den
Geldkurs bekümmern, wechseln, bezahlen, notieren, schreiben, anstatt
daß ich sonst nur dachte, wollte, sann, befahl und diktierte.

Von Bozen auf Trient geht es neun Meilen weg in einem fruchtbaren und
fruchtbareren Tale hin. Alles, was auf den höheren Gebirgen zu
vegetieren versucht, hat hier schon mehr Kraft und Leben, die Sonne
scheint heiß, und man glaubt wieder einmal an einen Gott.

Eine arme Frau rief mich an, ich möchte ihr Kind in den Wagen nehmen,
weil ihm der heiße Boden die Füße verbrenne. Ich übte diese
Mildtätigkeit zu Ehren des gewaltigen Himmelslichtes. Das Kind war
sonderbar geputzt und aufgeziert, ich konnte ihm aber in keiner
Sprache etwas abgewinnen.

Die Etsch fließt nun sanfter und macht an vielen Orten breite Kiese.
Auf dem Lande, nah am Fluß, die Hügel hinauf ist alles so enge an--und
ineinander gepflanzt, daß man denkt, es müsse eins das andere
ersticken.--Weingeländer, Mais, Maulbeerbäume, Apfel, Birnen, Quitten
und Nüsse. Über Mauern wirft sich der Attich lebhaft herüber. Efeu
wächst in starken Stämmen die Felsen hinauf und verbreitet sich weit
über sie; die Eidechse schlüpft durch die Zwischenräume, auch alles,
was hin und her wandelt, erinnert einen an die liebsten Kunstbilder.
Die aufgebundenen Zöpfe der Frauen, der Männer bloße Brust und leichte
Jacken, die trefflichen Ochsen, die sie vom Markt nach Hause treiben,
die beladenen Eselchen, alles bildet einen lebendigen, bewegten
Heinrich Roos. Und nun, wenn es Abend wird, bei der milden Luft
wenige Wolken an den Bergen ruhen, am Himmel mehr stehen als ziehen,
und gleich nach Sonnenuntergang das Geschrille der Heuschrecken laut
zu werden anfängt, da fühlt man sich doch einmal in der Welt zu Hause
und nicht wie geborgt oder im Exil. Ich lasse mir's gefallen, als
wenn ich hier geboren und erzogen wäre und nun von einer
Grönlandsfahrt, von einem Walfischfange zurückkäme. Auch der
vaterländische Staub, der manchmal den Wagen umwirbelt, von dem ich so
lange nichts erfahren habe, wird begrüßt. Das Glocken--und
Schellengeläute der Heuschrecken ist allerliebst, durchdringend und
nicht unangenehm. Lustig klingt es, wenn mutwillige Buben mit einem
Feld solcher Sängerinnen um die Wette pfeifen; man bildet sich ein,
daß sie einander wirklich steigern. Auch der Abend ist vollkommen
milde wie der Tag.

Wenn mein Entzücken hierüber jemand vernähme, der in Süden wohnte, von
Süden herkäme, er würde mich für sehr kindisch halten. Ach, was ich
hier ausdrücke, habe ich lange gewußt, so lange, als ich unter einem
bösen Himmel dulde, und jetzt mag ich gern diese Freude als Ausnahme
fühlen, die wir als eine ewige Naturnotwendigkeit immerfort genießen
sollten.


Trient, den 10. September, abends.

Ich bin in der Stadt herumgegangen, die uralt ist und in einigen
Straßen neue wohlgebaute Häuser hat. In der Kirche hängt ein Bild, wo
das versammelte Konzilium einer Predigt des Jesuitengenerals zuhört.
Ich möchte wohl wissen, was er ihnen aufgebunden hat. Die Kirche
dieser Väter bezeichnet sich gleich von außen durch rote
Marmorpilaster an der Fassade; ein schwerer Vorhang schließt die Türe,
den Staub abzuhalten. Ich hob ihn auf und trat in eine kleine
Vorkirche; die Kirche selbst ist durch ein eisernes Gitter geschlossen,
doch so, daß man sie ganz übersehen kann. Es war alles still und
ausgestorben, denn es wird hier kein Gottesdienst mehr gehalten. Die
vordere Türe stand nur auf, weil zur Vesperzeit alle Kirchen geöffnet
sein sollen.

Wie ich nun so dastehe und der Bauart nachdenke, die ich den übrigen
Kirchen dieser Väter ähnlich fand, tritt ein alter Mann herein, das
schwarze Käppchen sogleich abnehmend. Sein alter, schwarzer,
vergrauter Rock deutete auf einen verkümmerten Geistlichen; er kniet
vor dem Gitter nieder und steht nach einem kurzen Gebet wieder auf.
Wie er sich umkehrt, sagt er halblaut für sich: "Da haben sie nun die
Jesuiten herausgetrieben; sie hätten ihnen auch zahlen sollen, was die
Kirche gekostet hat. Ich weiß wohl, was sie gekostet hat und das
Seminarium, wie viele Tausende." Indessen war er hinaus und hinter
ihm der Vorhang zugefallen, den ich lüftete und mich still hielt. Er
war auf der obern Stufe stehengeblieben und sagte: "Der Kaiser hat es
nicht getan, der Papst hat es getan." Mit dem Gesicht gegen die
Straße gekehrt und ohne mich zu vermuten, fuhr er fort: "Erst die
Spanier, dann wir, dann die Franzosen. Abels Blut schreit über seinen
Bruder Kain!" und so ging er die Treppe hinab, immer mit sich redend,
die Straße hin. Wahrscheinlich ist es ein Mann, den die Jesuiten
erhielten, und der über den ungeheuern Fall des Ordens den Verstand
verlor und nun täglich kommt, in dem leeren Gefäß die alten Bewohner
zu suchen und nach einem kurzen Gebet ihren Feinden den Fluch zu geben.


Ein junger Mann, den ich um die Merkwürdigkeiten der Stadt fragte,
zeigte mir ein Haus, das man des Teufels Haus nennt, welches der sonst
allzeit fertige Zerstörer in einer Nacht mit schnell herbeigeschafften
Steinen erbaut haben soll. Das eigentliche Merkwürdige daran bemerkte
der gute Mensch aber nicht, daß es nämlich das einzige Haus von gutem
Geschmack ist, das ich in Trient gesehen habe, in einer älteren Zeit
gewiß von einem guten Italiener aufgeführt.

Abends um fünf Uhr reiste ich ab; wieder das Schauspiel von gestern
abend und die Heuschrecken, die gleich bei Sonnenuntergang zu
schrillen anfangen. Wohl eine Meile weit fährt man zwischen Mauern,
über welche sich Traubengeländer sehen lassen; andere Mauern, die
nicht hoch genug sind, hat man mit Steinen, Dornen und sonst zu
erhöhen gesucht, um das Abrupfen der Trauben den Vorbeigehenden zu
wehren. Viele Besitzer bespritzen die vordersten Reihen mit Kalk, der
die Trauben ungenießbar macht, dem Wein aber nichts schadet, weil die
Gärung alles wieder heraustreibt.


Den 11. September, abends.

Hier bin ich nun in Roveredo, wo die Sprache sich abschneidet; oben
herein schwankt es noch immer vom Deutschen zum Italienischen. Nun
hatte ich zum erstenmal einen stockwelschen Postillon; der Wirt
spricht kein Deutsch, und ich muß nun meine Sprachkünste versuchen.
Wie froh bin ich, daß nunmehr die geliebte Sprache lebendig, die
Sprache des Gebrauchs wird!



Torbole, den 12. September, nach Tische.

Wie sehr wünschte ich meine Freunde einen Augenblick neben mich, daß
sie sich der Aussicht freuen könnten, die vor mir liegt!

Heute abend hätte ich können in Verona sein, aber es lag mir noch eine
herrliche Naturwirkung an der Seite, ein köstliches Schauspiel, der
Gardasee, den wollte ich nicht versäumen, und bin herrlich für meinen
Umweg belohnt. Nach fünfen fuhr ich von Roveredo fort, ein Seitental
hinauf, das seine Wasser noch in die Etsch gießt. Wenn man
hinaufkommt, liegt ein ungeheurer Felsriegel hinten vor, über den man
nach dem See hinunter muß. Hier zeigten sich die schönsten Kalkfelsen
zu malerischen Studien. Wenn man hinabkommt, liegt ein örtchen am
nördlichen Ende des Sees und ist ein kleiner Hafen oder vielmehr
Anfahrt daselbst, es heißt Torbole. Die Feigenbäume hatten mich schon
den Weg herauf häufig begleitet, und indem ich in das Felsamphitheater
hinabstieg, fand ich die ersten ölbäume voller Oliven. Hier traf ich
auch zum erstenmal die weißen kleinen Feigen als gemeine Frucht,
welche mir die Gräfin Lanthieri verheißen hatte.

Aus dem Zimmer, in dem ich sitze, geht eine Türe nach dem Hof hinunter;
ich habe meinen Tisch davor gerückt und die Aussicht mit einigen
Linien gezeichnet. Man übersieht den See beinah in seiner ganzen
Länge, nur am Ende links entwendet er sich unsern Augen. Das Ufer,
auf beiden Seiten von Hügeln und Bergen eingefaßt, glänzt von
unzähligen kleinen Ortschaften.

Nach Mitternacht bläst der Wind von Norden nach Süden, wer also den
See hinab will, muß zu dieser Zeit fahren; denn schon einige Stunden
vor Sonnenaufgang wendet sich der Luftstrom und zieht nordwärts.
Jetzo nachmittag wehet er stark gegen mich und kühlt die heiße Sonne
gar lieblich. Zugleich lehrt mich Volkmann, daß dieser See ehemals
Benacus geheißen, und bringt einen Vers des Virgil, worin dessen
gedacht wird:

Fluctibus et fremitu resonans Benace marino.

Der erste lateinische Vers, dessen Inhalt lebendig vor mir steht, und
der in dem Augenblicke, da der Wind immer stärker wächst und der See
höhere Wellen gegen die Anfahrt wirft, noch heute so wahr ist als vor
vielen Jahrhunderten. So manches hat sich verändert, noch aber stürmt
der Wind in dem See, dessen Anblick eine Zeile Virgils noch immer
veredelt.

Geschrieben unter dem fünfundvierzigsten Grade funfzig Minuten.


In der Abendkühle ging ich spazieren und befinde mich nun wirklich in
einem neuen Lande, in einer ganz fremden Umgebung. Die Menschen leben
ein nachlässiges Schlaraffenleben: erstlich haben die Türen keine
Schlösser; der Wirt aber versicherte mir, ich könnte ganz ruhig sein,
und wenn alles, was ich bei mir hätte, aus Diamanten bestünde;
zweitens sind die Fenster mit ölpapier statt Glasscheiben geschlossen;
drittens fehlt eine höchst nötige Bequemlichkeit, so daß man dem
Naturzustande hier ziemlich nahe kömmt. Als ich den Hausknecht nach
einer gewissen Gelegenheit fragte, deutete er in den Hof hinunter.
"Qui abasso può servirsi!" Ich fragte: "Dove?"--"Da per tutto, dove
vuol!" antwortete er freundlich. Durchaus zeigt sich die größte
Sorglosigkeit, doch Leben und Geschäftigkeit genug. Den ganzen Tag
verführen die Nachbarinnen ein Geschwätz, ein Geschrei, und haben alle
zugleich etwas zu tun, etwas zu schaffen. Ich habe noch kein müßiges
Weib gesehn.

Der Wirt verkündigte mir mit italienischer Emphase, daß er sich
glücklich finde, mir mit der köstlichsten Forelle dienen zu können.
Sie werden bei Torbole gefangen, wo der Bach vom Gebirge herunter
kommt und der Fisch den Weg hinauf sucht. Der Kaiser erhält von
diesem Fange zehntausend Gulden Pacht. Es sind keine eigentlichen
Forellen, groß, manchmal funfzig Pfund schwer, über den ganzen Körper
bis auf den Kopf hinauf punktiert; der Geschmack zwischen Forelle und
Lachs, zart und trefflich.

Mein eigentlich Wohlleben aber ist in Früchten, in Feigen, auch Birnen,
welche da wohl köstlich sein müssen, wo schon Zitronen wachsen.


Den 13. September, abends.

Heute früh um drei Uhr fuhr ich von Torbole weg mit zwei Ruderern.
Anfangs war der Wind günstig, daß sie die Segel brauchen konnten. Der
Morgen war herrlich, zwar wolkig, doch bei der Dämmerung still. Wir
fuhren bei Limone vorbei, dessen Berggärten, terrassenweise angelegt
und mit Zitronenbäumen bepflanzt, ein reiches und reinliches Ansehn
geben. Der ganze Garten besteht aus Reihen von weißen viereckigen
Pfeilern, die in einer gewissen Entfernung voneinander stehen und
stufenweis den Berg hinaufrücken. Über diese Pfeiler sind starke
Stangen gelegt, um im Winter die dazwischen gepflanzten Bäume zu
decken. Das Betrachten und Beschauen dieser angenehmen Gegenstände
ward durch eine langsame Fahrt begünstigt, und so waren wir schon an
Malcesine vorbei, als der Wind sich völlig umkehrte, seinen
gewöhnlichen Tagweg nahm und nach Norden zog. Das Rudern half wenig
gegen die übermächtige Gewalt, und so mußten wir im Hafen von
Malcesine landen. Es ist der erste venezianische Ort an der
Morgenseite des Sees. Wenn man mit dem Wasser zu tun hat, kann man
nicht sagen, ich werde heute da oder dort sein. Diesen Aufenthalt
will ich so gut als möglich nutzen, besonders das Schloß zu zeichnen,
das am Wasser liegt und ein schöner Gegenstand ist. Heute im
Vorbeifahren nahm ich eine Skizze davon.


Den 14. September.

Der Gegenwind, der mich gestern in den Hafen von Malcesine trieb,
bereitete mir ein gefährliches Abenteuer, welches ich mit gutem Humor
überstand und in der Erinnerung lustig finde. Wie ich mir vorgenommen
hatte, ging ich morgens beizeiten in das alte Schloß, welches ohne Tor,
ohne Verwahrung und Bewachung jedermann zugänglich ist. Im
Schloßhofe setzte ich mich dem alten auf und in den Felsen gebauten
Turm gegenüber; hier hatte ich zum Zeichnen ein sehr bequemes
Plätzchen gefunden; neben einer drei, vier Stufen erhöhten
verschlossenen Tür, im Türgewände ein verziertes steinernes Sitzchen,
wie wir sie wohl bei uns in alten Gebäuden auch noch antreffen.

Ich saß nicht lange, so kamen verschiedene Menschen in den Hof herein,
betrachteten mich und gingen hin und wider. Die Menge vermehrte sich,
blieb endlich stehen, so daß sie mich zuletzt umgab. Ich bemerkte
wohl, daß mein Zeichnen Aufsehen erregt hatte, ich ließ mich aber
nicht stören und fuhr ganz gelassen fort. Endlich drängte sich ein
Mann zu mir, nicht von dem besten Ansehen, und fragte, was ich da
mache. Ich erwiderte ihm, daß ich den alten Turm abzeichne, um mir
ein Andenken von Malcesine zu erhalten. Er sagte darauf, es sei dies
nicht erlaubt, und ich sollte es unterlassen. Da er dieses in
gemeiner venezianischer Sprache sagte, so daß ich ihn wirklich kaum
verstand, so erwiderte ich ihm, daß ich ihn nicht verstehe. Er
ergriff darauf mit wahrer italienischer Gelassenheit mein Blatt,
zerriß es, ließ es aber auf der Pappe liegen. Hierauf konnt' ich
einen Ton der Unzufriedenheit unter den Umstehenden bemerken,
besonders sagte eine ältliche Frau, es sei nicht recht, man solle den
Podestà rufen, welcher dergleichen Dinge zu beurteilen wisse. Ich
stand auf meinen Stufen, den Rücken gegen die Türe gelehnt, und
überschaute das immer sich vermehrende Publikum. Die neugierigen
starren Blicke, der gutmütige Ausdruck in den meisten Gesichtern und
was sonst noch alles eine fremde Volksmasse charakterisieren mag, gab
mir den lustigsten Eindruck. Ich glaubte, das Chor der Vögel vor mir
zu sehen, das ich als Treufreund auf dem Ettersburger Theater oft zum
besten gehabt. Dies versetzte mich in die heiterste Stimmung, so daß,
als der Podestà mit seinem Aktuarius herankam, ich ihn freimütig
begrüßte und auf seine Frage, warum ich ihre Festung abzeichnete, ihm
bescheiden erwiderte, daß ich dieses Gemäuer nicht für eine Festung
anerkenne. Ich machte ihn und das Volk aufmerksam auf den Verfall
dieser Türme und dieser Mauern, auf den Mangel von Toren, kurz auf die
Wehrlosigkeit des ganzen Zustandes und versicherte, ich habe hier
nichts als eine Ruine zu sehen und zu zeichnen gedacht.

Man entgegnete mir: wenn es eine Ruine sei, was denn dran wohl
merkwürdig scheinen könne? Ich erwiderte darauf, weil ich Zeit und
Gunst zu gewinnen suchte, sehr umständlich, daß sie wüßten, wie viele
Reisende nur um der Ruinen willen nach Italien zögen, daß Rom, die
Hauptstadt der Welt, von den Barbaren verwüstet, voller Ruinen stehe,
welche hundertund aber hundertmal gezeichnet worden, daß nicht alles
aus dem Altertum so erhalten sei, wie das Amphitheater zu Verona,
welches ich denn auch bald zu sehen hoffte.

Der Podestà, welcher vor mir, aber tiefer stand, war ein langer, nicht
gerade hagerer Mann von etwa dreißig Jahren. Die stumpfen Züge seines
geistlosen Gesichts stimmten ganz zu der langsamen und trüben Weise,
womit er seine Fragen hervorbrachte. Der Aktuarius, kleiner und
gewandter, schien sich in einen so neuen und seltnen Fall auch nicht
gleich finden zu können. Ich sprach noch manches dergleichen; man
schien mich gern zu hören, und indem ich mich an einige wohlwollende
Frauengesichter wendete, glaubte ich, Beistimmung und Billigung
wahrzunehmen.

Als ich jedoch des Amphitheaters zu Verona erwähnte, das man im Lande
unter dem Namen Arena kennt, sagte der Aktuarius, der sich unterdessen
besonnen hatte, das möge wohl gelten, denn jenes sei ein weltberühmtes
römisches Gebäude, an diesen Türmen aber sei nichts Merkwürdiges, als
daß es die Grenze zwischen dem Gebiete Venedigs und dem östreichischen
Kaiserstaate bezeichne und deshalb nicht ausspioniert werden solle.
Ich erklärte mich dagegen weitläufig, daß nicht allein griechische und
römische Altertümer, sondern auch die der mittlern Zeit Aufmerksamkeit
verdienten. Ihnen sei freilich nicht zu verargen, daß sie an diesem
von Jugend auf gekannten Gebäude nicht so viele malerische Schönheiten
als ich entdecken könnten. Glücklicherweise setzte die Morgensonne
Turm, Felsen und Mauern in das schönste Licht, und ich fing an, ihnen
dieses Bild mit Enthusiasmus zu beschreiben. Weil aber mein Publikum
jene belobten Gegenstände im Rücken hatte und sich nicht ganz von mir
abwenden wollte, so drehten sie auf einmal, jenen Vögeln gleich, die
man Wendehälse nennt, die Köpfe herum, dasjenige mit Augen zu schauen,
was ich ihren Ohren anpries, ja der Podestà selbst kehrte sich,
obgleich mit etwas mehr Anstand, nach dem beschriebenen Bilde hin.
Diese Szene kam mir so lächerlich vor, daß mein guter Mut sich
vermehrte und ich ihnen nichts, am wenigsten den Efeu schenkte, der
Fels und Gemäuer auf das reichste zu verzieren schon Jahrhunderte Zeit
gehabt hatte.

Der Aktuarius versetzte drauf, das lasse sich alles hören, aber Kaiser
Joseph sei ein unruhiger Herr, der gewiß gegen die Republik Venedig
noch manches Böse im Schilde führe, und ich möchte wohl sein Untertan,
ein Abgeordneter sein, um die Grenzen auszuspähen.

"Weit entfernt", rief ich aus, "dem Kaiser anzugehören, darf ich mich
wohl rühmen, so gut als ihr, Bürger einer Republik zu sein, welche
zwar an Macht und Größe dem erlauchten Staat von Venedig nicht
verglichen werden kann, aber doch auch sich selbst regiert und an
Handelstätigkeit, Reichtum und Weisheit ihrer Vorgesetzten keiner
Stadt in Deutschland nachsieht. Ich bin nämlich von Frankfurt am Main
gebürtig, einer Stadt, deren Name und Ruf gewiß bis zu euch gekommen
ist."

"Von Frankfurt am Main!" rief eine hübsche junge Frau, "da könnt Ihr
gleich sehen, Herr Podestà, was an dem Fremden ist, den ich für einen
guten Mann halte; laßt den Gregorio rufen, der lange daselbst
konditioniert hat, der wird am besten in der Sache entscheiden können."

Schon hatten sich die wohlwollenden Gesichter um mich her vermehrt,
der erste Widerwärtige war verschwunden, und als nun Gregorio
herbeikam, wendete sich die Sache ganz zu meinem Vorteil. Dieser war
ein Mann etwa in den Funfzigen, ein braunes italienisches Gesicht, wie
man sie kennt. Er sprach und betrug sich als einer, dem etwas Fremdes
nicht fremd ist, erzählte mir sogleich, daß er bei Bolongaro in
Diensten gestanden und sich freue, durch mich etwas von dieser Familie
und von der Stadt zu hören, an die er sich mit Vergnügen erinnere.
Glücklicherweise war sein Aufenthalt in meine jüngeren Jahre gefallen,
und ich hatte den doppelten Vorteil, ihm genau sagen zu können, wie es
zu seiner Zeit gewesen und was sich nachher verändert habe. Ich
erzählte ihm von den sämtlichen italienischen Familien, deren mir
keine fremd geblieben; er war sehr vergnügt, manches Einzelne zu hören,
z. B. daß der Herr Allesina im Jahre 1774 seine goldene Hochzeit
gefeiert, daß darauf eine Medaille geschlagen worden, die ich selbst
besitze; er erinnerte sich recht wohl, daß die Gattin dieses reichen
Handelsherrn eine geborne Brentano sei. Auch von den Kindern und
Enkeln dieser Häuser wußte ich ihm zu erzählen, wie sie herangewachsen,
versorgt, verheiratet worden und sich in Enkeln vermehrt hätten.

Als ich ihm nun die genaueste Auskunft fast über alles gegeben, um was
er mich befragt, wechselten Heiterkeit und Ernst in den Zügen des
Mannes. Er war froh und gerührt, das Volk erheiterte sich immer mehr
und konnte unserm Zwiegespräch zuzuhören nicht satt werden, wovon er
freilich einen Teil erst in ihren Dialekt übersetzen mußte.

Zuletzt sagte er: "Herr Podestà, ich bin überzeugt, daß dieses ein
braver, kunstreicher Mann ist, wohl erzogen, welcher herumreist, sich
zu unterrichten. Wir wollen ihn freundlich entlassen, damit er bei
seinen Landsleuten Gutes von uns rede und sie aufmuntere, Malcesine zu
besuchen, dessen schöne Lage wohl wert ist, von Fremden bewundert zu
sein." Ich verstärkte diese freundlichen Worte durch das Lob der
Gegend, der Lage und der Einwohner, die Gerichtspersonen als weise und
vorsichtige Männer nicht vergessend.

Dieses alles ward für gut erkannt, und ich erhielt die Erlaubnis, mit
Meister Gregorio nach Belieben den Ort und die Gegend zu besehen. Der
Wirt, bei dem ich eingekehrt war, gesellte sich nun zu uns und freute
sich schon auf die Fremden, welche auch ihm zuströmen würden, wenn die
Vorzüge Malcesines erst recht ans Licht kämen. Mit lebhafter
Neugierde betrachtete er meine Kleidungsstücke, besonders aber
beneidete er mich um die kleinen Terzerole, die man so bequem in die
Tasche stecken konnte. Er pries diejenigen glücklich, die so schöne
Gewehre tragen dürften, welches bei ihnen unter den peinlichsten
Strafen verboten sei. Diesen freundlich Zudringlichen unterbrach ich
einigemal, meinem Befreier mich dankbar zu erweisen. "Dankt mir
nicht", versetzte der brave Mann, "mir seid Ihr nichts schuldig.
Verstünde der Podestà sein Handwerk und wäre der Aktuar nicht der
eigennützigste aller Menschen, Ihr wäret nicht so losgekommen. Jener
war verlegener als Ihr, und diesem hätte Eure Verhaftung, die Berichte,
die Abführung nach Verona auch nicht einen Heller eingetragen. Das
hat er geschwind überlegt, und Ihr wart schon befreit, ehe unsere
Unterredung zu Ende war."

Gegen Abend holte mich der gute Mann in seinen Weinberg ab, der den
See hinabwärts sehr wohlgelegen war. Uns begleitete sein
funfzehnjähriger Sohn, der auf die Bäume steigen und mir das beste
Obst brechen mußte, indessen der Alte die reifsten Weintrauben
aussuchte.

Zwischen diesen beiden weltfremden, wohlwollenden Menschen, in der
unendlichen Einsamkeit dieses Erdwinkels ganz allein, fühlte ich denn
doch, wenn ich die Abenteuer des Tages überdachte, auf das lebhafteste,
welch ein wunderliches Wesen der Mensch ist, daß er dasjenige, was er
mit Sicherheit und Bequemlichkeit in guter Gesellschaft genießen
könnte, sich oft unbequem und gefährlich macht, bloß aus der Grille,
die Welt und ihren Inhalt sich auf seine besondere Weise zuzueignen.

Gegen Mitternacht begleitete mich mein Wirt an die Barke, das
Fruchtkörbchen tragend, welches mir Gregorio verehrt hatte, und so
schied ich mit günstigem Wind von dem Ufer, welches mir lästrygonisch
zu werden gedroht hatte.

Nun von meiner Seefahrt! Sie endete glücklich, nachdem die
Herrlichkeit des Wasserspiegels und des daran liegenden brescianischen
Ufers mich recht im Herzen erquickt hatte. Da, wo an der Abendseite
das Gebirge aufhört, steil zu sein, und die Landschaft flächer nach
dem See fällt, liegen in einer Reihe, in einer Länge von ungefähr
anderthalb Stunden, Gargnano, Boiacco, Cecina, Toscolan, Maderno,
Verdom, Saló, alle auch wieder meist in die Länge gezogen. Keine
Worte drücken die Anmut dieser so reich bewohnten Gegend aus. Früh um
zehn Uhr landete ich in Bartolino, lud mein Gepäck auf ein Maultier
und mich auf ein anderes. Nun ging der Weg über einen Rücken, der das
Tal der Etsch von der Seevertiefung scheidet. Die Urwasser scheinen
hier von beiden Seiten gegeneinander in ungeheuern Strömungen gewirkt
und diesen kolossalen Kieseldamm aufgeführt zu haben. Fruchtbares
Erdreich ward in ruhigern Epochen darüber geschlemmt; aber der
Ackersmann ist doch stets aufs neue von den immer wieder
hervordringenden Geschieben geplagt. Man sucht soviel als möglich
ihrer loszuwerden, baut sie reihen--und schichtenweise übereinander
und bildet dadurch am Wege hin sehr dicke Quasimauern. Die
Maulbeerbäume sehen wegen Mangel an Feuchtigkeit nicht fröhlich auf
dieser Höhe. An Quellen ist nicht zu denken. Von Zeit zu Zeit trifft
man Pfützen zusammengeleiteten Regenwassers, woraus die Maultiere,
auch wohl die Treiber ihren Durst löschen. Unten am Flusse sind
Schöpfräder angebracht, um die tieferliegenden Pflanzungen nach
Gefallen zu wässern.

Nun aber kann die Herrlichkeit der neuen Gegend, die man beim
Herabsteigen übersieht, durch Worte nicht dargestellt werden. Es ist
ein Garten meilenlang und -breit, der, am Fuß hoher Gebirge und
schroffer Felsen, ganz flach in der größten Reinlichkeit daliegt. Und
so kam ich denn am 10. September gegen ein Uhr hier in Verona an, wo
ich zuerst noch dieses schreibe, das zweite Stück meines Tagebuchs
schließe und hefte und gegen Abend mit freudigem Geiste das
Amphitheater zu sehen hoffe.

Von der Witterung dieser Tage her melde ich folgendes. Die Nacht vom
neunten auf den zehnten war abwechselnd hell und bedeckt, der Mond
behielt immer einen Schein um sich. Morgens gegen fünf Uhr überzog
sich der ganze Himmel mit grauen, nicht schweren Wolken, die mit dem
wachsenden Tage verschwanden. Je tiefer ich hinabkam, desto schöner
war das Wetter. Wie nun gar in Bozen der große Gebirgsstock
mitternächtlich blieb, zeigte die Luft eine ganz andere Beschaffenheit;
man sah nämlich an den verschiedenen Landschaftsgründen, die sich gar
lieblich durch ein etwas mehr oder weniger Blau voneinander
absonderten, daß die Atmosphäre voll gleich ausgeteilter Dünste sei,
welche sie zu tragen vermochte, und die daher weder als Tau oder Regen
niederfielen, noch als Wolken sich sammelten. Wie ich weiter hinabkam,
konnte ich deutlich bemerken, daß alle Dünste, die aus dem Bozner Tal,
alle Wolkenstreifen, die von den mittägigern Bergen aufsteigen, nach
den hohem mitternächtigen Gegenden zuzogen, sie nicht verdeckten, aber
in eine Art Höherauch einhüllten. In der weitesten Ferne, über dem
Gebirg, konnte ich eine sogenannte Wassergalle bemerken. Von Bozen
südwärts haben sie den ganzen Sommer das schönste Wetter gehabt, nur
von Zeit zu Zeit ein wenig Wasser (sie sagen acqua, um den gelinden
Regen auszudrücken), und dann sogleich wieder Sonnenschein. Auch
gestern fielen von Zeit zu Zeit einige Tropfen, und die Sonne schien
immer dazu. Sie haben lange kein so gutes Jahr gehabt; es gerät alles;
das üble haben sie uns zugeschickt.

Das Gebirge, die Steinarten erwähne ich nur kürzlich, denn Ferbers
Reise nach Italien und Hacquets durch die Alpen unterrichten uns
genugsam von dieser Wegstrecke. Eine Viertelstunde vom Brenner ist
ein Marmorbruch, an dem ich in der Dämmerung vorbeifuhr. Er mag und
muß, wie der an der andern Seite, auf Glimmerschiefer aufliegen.
Diesen fand ich bei Kollmann, als es Tag ward; weiter hinab zeigten
sich Porphyre an. Die Felsen waren so prächtig und an der Chaussee
die Haufen so gätlich zerschlagen, daß man gleich Voigtische
Kabinettchen daraus hätte bilden und verpacken können. Auch kann ich
ohne Beschwerde jeder Art ein Stück mitnehmen, wenn ich nur Augen und
Begierde an ein kleineres Maß gewöhne. Bald unter Kollmann fand ich
einen Porphyr, der sich in regelmäßige Platten spaltet, zwischen
Branzoll und Neumarkt einen ähnlichen, dessen Platten jedoch sich
wieder in Säulen trennen. Ferber hielt sie für vulkanische Produkte,
das war aber vor vierzehn Jahren, wo die ganze Welt in den Köpfen
brannte. Hacquet schon macht sich darüber lustig.

Von den Menschen wußte ich nur weniges und wenig Erfreuliches zu sagen.
Sobald mir vom Brenner Herunterfahrendem der Tag aufging, bemerkte
ich eine entschiedene Veränderung der Gestalt, besonders mißfiel mir
die bräunlich bleiche Farbe der Weiber. Ihre Gesichtszüge deuten auf
Elend, Kinder waren ebenso erbärmlich anzusehen, Männer ein wenig
besser, die Grundbildung übrigens durchaus regelmäßig und gut. Ich
glaube die Ursache dieses krankhaften Zustandes in dem häufigen
Gebrauch des türkischen und Heidekorns zu finden. Jenes, das sie auch
gelbe Blende nennen, und dieses, schwarze Blende genannt, werden
gemahlen, das Mehl in Wasser zu einem dicken Brei gekocht und so
gegessen. Die jenseitigen Deutschen rupfen den Teig wieder
auseinander und braten ihn in Butter auf. Der welsche Tiroler
hingegen ißt ihn so weg, manchmal Käse darauf gerieben, und das ganze
Jahr kein Fleisch. Notwendig muß das die ersten Wege verleimen und
verstopfen, besonders bei den Kindern und Frauen, und die kachektische
Farbe deutet auf solches Verderben. Außerdem essen sie auch noch
Früchte und grüne Bohnen, die sie in Wasser absieden und mit Knoblauch
und öl anmachen. Ich fragte, ob es nicht auch reiche Bauern gäbe.
--"Ja freilich."--"Tun sie sich nichts zugute? essen sie nicht
besser?"--"Nein, sie sind es einmal so gewohnt."--"Wo kommen sie denn
mit ihrem Gelde hin? Was machen sie sonst für Aufwand?"--"O, die
haben schon ihre Herren, die es ihnen wieder abnehmen."--Das war die
Summa des Gesprächs mit meiner Wirtstochter in Bozen.

Ferner vernahm ich von ihr, daß die Weinbauern, die am wohlhabendsten
scheinen, sich am übelsten befinden, denn sie sind in den Händen der
städtischen Handelsleute, die ihnen bei schlechten Jahren den
Lebensunterhalt vorschießen und bei guten den Wein um ein Geringes an
sich nehmen. Doch das ist überall dasselbe.

Was meine Meinung wegen der Nahrung bestätigt, ist, daß die
Stadtbewohnerinnen immer wohler aussehen. Hübsche, volle
Mädchengesichter, der Körper für ihre Stärke und für die Größe der
Köpfe etwas zu klein, mitunter aber recht freundlich entgegenkommende
Gesichter. Die Männer kennen wir durch die wandernden Tiroler. Im
Lande sehen sie weniger frisch aus als die Weiber, wahrscheinlich,
weil diese mehr körperliche Arbeiten, mehr Bewegung haben, die Männer
hingegen als Krämer und Handwerksleute sitzen. Am Gardasee fand ich
die Leute sehr braun und ohne den mindesten rötlichen Schein der
Wangen, aber doch nicht ungesund, sondern ganz frisch und behaglich
aussehend. Wahrscheinlich sind die heftigen Sonnenstrahlen, denen sie
am Fuße ihrer Felsen ausgesetzt sind, hievon die Ursache.




Verona bis Venedig.

Verona, den 16. September.

Das Amphitheater ist also das erste bedeutende Monument der alten Zeit,
das ich sehe, und so gut erhalten! Als ich hineintrat, mehr noch
aber, als ich oben auf dem Rande umherging, schien es mir seltsam,
etwas Großes und doch eigentlich nichts zu sehen. Auch will es leer
nicht gesehen sein, sondern ganz voll von Menschen, wie man es neuerer
Zeit Joseph dem Zweiten und Pius dem Sechsten zu Ehren veranstaltet.
Der Kaiser, der doch auch Menschenmassen vor Augen gewohnt war, soll
darüber erstaunt sein. Doch nur in der frühesten Zeit tat es seine
ganze Wirkung, da das Volk noch mehr Volk war, als es jetzt ist. Denn
eigentlich ist so ein Amphitheater recht gemacht, dem Volk mit sich
selbst zu imponieren, das Volk mit sich selbst zum besten zu haben.



Wenn irgend etwas Schauwürdiges auf flacher Erde vorgeht und alles
zuläuft, suchen die Hintersten auf alle mögliche Weise sich über die
Vordersten zu erheben: man tritt auf Bänke, rollt Fässer herbei, fährt
mit Wagen heran, legt Bretter hinüber und herüber, besetzt einen
benachbarten Hügel, und es bildet sich in der Geschwindigkeit ein
Krater.

Kommt das Schauspiel öfter auf derselben Stelle vor, so baut man
leichte Gerüste für die, so bezahlen können, und die übrige Masse
behilft sich, wie sie mag. Dieses allgemeine Bedürfnis zu befriedigen,
ist hier die Aufgabe des Architekten. Er bereitet einen solchen
Krater durch Kunst, so einfach als nur möglich, damit dessen Zierat
das Volk selbst werde. Wenn es sich so beisammen sah, mußte es über
sich selbst erstaunen; denn da es sonst nur gewohnt, sich
durcheinander laufen zu sehen, sich in einem Gewühle ohne Ordnung und
sonderliche Zucht zu finden, so sieht das vielköpfige, vielsinnige,
schwankende, hin und her irrende Tier sich zu einem edlen Körper
vereinigt, zu einer Einheit bestimmt, in eine Masse verbunden und
befestigt, als eine Gestalt, von einem Geiste belebt. Die Simplizität
des Oval ist jedem Auge auf die angenehmste Weise fühlbar, und jeder
Kopf dient zum Maße, wie ungeheuer das Ganze sei. Jetzt, wenn man es
leer sieht, hat man keinen Maßstab, man weiß nicht, ob es groß oder
klein ist.

Wegen der Unterhaltung dieses Werks müssen die Veroneser gelobt werden.
Es ist von einem rötlichen Marmor gebaut, den die Witterung angreift,
daher stellt man der Reihe nach die ausgefressenen Stufen immer
wieder her, und sie scheinen fast alle ganz neu. Eine Inschrift
gedenkt eines Hieronymus Maurigenus und seines auf dieses Monument
verwendeten unglaublichen Fleißes. Von der äußern Mauer steht nur ein
Stück, und ich zweifele, ob sie je ganz fertig geworden. Die untern
Gewölbe, die an den großen Platz, il Brà genannt, stoßen, sind an
Handwerker vermietet, und es sieht lustig genug aus, diese Höhlungen
wieder belebt zu sehen.


Verona, den 16. September.

Das schönste, aber immer geschlossene Tor heißt Porta stuppa oder del
Palio. Als Tor und in der großen Entfernung, aus der man es schon
gewahr wird, ist es nicht gut gedacht; denn erst in der Nähe erkennt
man das Verdienst des Gebäudes.

Sie geben allerlei Ursachen an, warum es geschlossen sei. Ich habe
jedoch eine Mutmaßung: die Absicht des Künstlers ging offenbar dahin,
durch dieses Tor eine neue Anlage des Korso zu verursachen, denn auf
die jetzige Straße steht es ganz falsch. Die linke Seite hat lauter
Baracken, und die winkelrechte Linie der Mitte des Tores geht auf ein
Nonnenkloster zu, das notwendig hätte niedergelegt werden müssen. Das
sah man wohl ein, auch mochten die Vornehmen und Reichen nicht Lust
haben, sich in dem entfernten Quartier anzubauen. Der Künstler starb
vielleicht, und so schloß man das Tor, wodurch die Sache nun auf
einmal geendigt war.


Verona, den 16. September.

Das Portal des Theatergebäudes von sechs großen ionischen Säulen nimmt
sich anständig genug aus. Desto kleinlicher erscheint über der Türe
vor einer gemalten Nische, die von zwei korinthischen Säulen getragen
wird, die lebensgroße Büste des Marchese Maffei in einer großen
Perücke. Der Platz ist ehrenvoll, aber um sich gegen die Größe und
Tüchtigkeit der Säulen einigermaßen zu halten, hätte die Büste
kolossal sein müssen. Jetzt steht sie kleinlich auf einem
Kragsteinchen, unharmonisch mit dem Ganzen.

Auch die Galerie, die den Vorhof einfaßt, ist kleinlich, und die
kannelierten dorischen Zwerge nehmen sich neben den glatten ionischen
Riesen armselig aus. Doch wollen wir das verzeihen in Betracht der
schönen Anstalt, welche unter diesen Säulenlauben angelegt ist. Hier
hat man die Antiquitäten, meist in und um Verona gegraben, gesammelt
aufgestellt. Einiges soll sogar sich im Amphitheater gefunden haben.
Es sind etrurische, griechische, römische bis zu den niedern Zeiten
und auch neuere. Die Basreliefs sind in die Wände eingemauert und mit
den Nummern versehen, die ihnen Maffei gab, als er sie in seinem Werke
"Verona illustrata" beschrieb. Altäre, Stücke von Säulen und
dergleichen Reste; ein ganz trefflicher Dreifuß von weißem Marmor,
worauf Genien, die sich mit den Attributen der Götter beschäftigen.
Raffael hat dergleichen in den Zwickeln der Farnesine nachgeahmt und
verklärt.

Der Wind, der von den Gräbern der Alten herweht, kommt mit
Wohlgerüchen wie über einen Rosenhügel. Die Grabmäler sind herzlich
und rührend und stellen immer das Leben her. Da ist ein Mann, der
neben seiner Frau aus einer Nische wie zu einem Fenster heraussieht.
Da stehen Vater und Mutter, den Sohn in der Mitte, einander mit
unaussprechlicher Natürlichkeit anblickend. Hier reicht sich ein Paar
die Hände. Hier scheint ein Vater, auf seinem Sofa ruhend, von der
Familie unterhalten zu werden. Mir war die unmittelbare Gegenwart
dieser Steine höchst rührend. Von späterer Kunst sind sie, aber
einfach, natürlich und allgemein ansprechend. Hier ist kein
geharnischter Mann auf den Knieen, der eine fröhliche Auferstehung
erwartet. Der Künstler hat mit mehr oder weniger Geschick nur die
einfache Gegenwart der Menschen hingestellt, ihre Existenz dadurch
fortgesetzt und bleibend gemacht. Sie falten nicht die Hände, schauen
nicht in den Himmel, sondern sie sind hienieden, was sie waren und was
sie sind. Sie stehen beisammen, nehmen Anteil aneinander, lieben sich,
und das ist in den Steinen sogar mit einer gewissen
Handwerksunfähigkeit allerliebst ausgedrückt. Ein sehr reich
verzierter marmorner Pfeiler gab mir auch neue Begriffe.

So löblich diese Anstalt ist, so sieht man ihr doch an, daß der edle
Erhaltungsgeist, der sie gegründet, nicht mehr in ihr fortlebt. Der
kostbare Dreifuß geht nächstens zugrunde, weil er frei steht, gegen
Westen der Witterung ausgesetzt. Mit einem hölzernen Futteral wäre
dieser Schatz leicht zu erhalten.

Der angefangene Palast des Proveditore, wäre er fertig geworden, hätte
ein schön Stück Baukunst gegeben. Sonst bauen die Nobili noch viel,
leider aber ein jeder auf den Platz, wo seine ältere Wohnung stand,
also oft in engen Gassen. So baut man jetzt eine prächtige Fassade
eines Seminariums in einem Gäßchen der entferntesten Vorstadt.



Als ich mit meinem zufällig aufgegriffenen Begleiter vor einem großen
ernsthaften Tore eines wunderbaren Gebäudes vorüberging, fragte er
mich gutmütig, ob ich nicht einen Augenblick in den Hof treten wolle.
Es war der Palast der Justiz, und wegen Höhe der Gebäude erschien der
Hof doch nur als ein ungeheurer Brunnen. "Hier werden", sagte er,
"alle die Verbrecher und Verdächtigen verwahrt." Ich sah umher, und
durch alle Stockwerke gingen an zahlreichen Türen hin offene, mit
eisernen Geländern versehene Gänge. Der Gefangene, wie er aus seinem
Kerker heraustrat, um zum Verhör geführt zu werden, stand in der
freien Luft, war aber auch den Blicken aller ausgesetzt; und weil nun
mehrere Verhörstuben sein mochten, so klapperten die Ketten bald über
diesem, bald über jenem Gange durch alle Stockwerke. Es war ein
verwünschter Anblick, und ich leugne nicht, daß der gute Humor, womit
ich meine Vögel abgefertigt hatte, hier doch einen etwas schweren
Stand würde gefunden haben.

Ich ging auf der Kante des amphitheatralischen Kraters bei
Sonnenuntergang, der schönsten Aussicht genießend über Stadt und
Gegend. Ich war ganz allein, und unten auf den breiten Steinen des
Brà gingen Mengen von Menschen: Männer von allen Ständen, Weiber vom
Mittelstande spazieren. Diese letztern nehmen sich in ihren schwarzen
überkleidern aus dieser Vogelperspektive gar mumienhaft aus.

Der Zendale und die Veste, die dieser Klasse statt aller Garderobe
dient, ist übrigens eine Tracht, ganz eingerichtet für ein Volk, das
nicht immer für Reinlichkeit sorgen und doch immer öffentlich
erscheinen, bald in der Kirche, bald auf dem Spaziergange sein will.
Veste ist ein schwarztaffeter Rock, der über andere Röcke geworfen
wird. Hat das Frauenzimmer einen reinlichen weißen darunter, so
versteht sie den schwarzen an der einen Seite in die Höhe zu heben.
Dieser wird so angegürtet, daß er die Taille abschneidet und die
Lippen des Korsetts bedeckt, welches von jeglicher Farbe sein kann.
Der Zendale ist eine große Kappe mit langen Bärten, die Kappe selbst
durch ein Drahtgestell hoch über den Kopf gehalten, die Bärte aber wie
eine Schärpe um den Leib geknüpft, so daß die Enden hinterwärts
herunterfallen.


Verona, den 16. September.

Als ich heute wieder von der Arena wegging, kam ich einige tausend
Schritte davon zu einem modernen öffentlichen Schauspiel. Vier edle
Veroneser schlugen Ball gegen vier Vicentiner. Sie treiben dies sonst
unter sich das ganze Jahr etwa zwei Stunden vor Nacht; diesmal, wegen
der fremden Gegner, lief das Volk unglaublich zu. Es können immer
vier--bis fünftausend Zuschauer gewesen sein. Frauen sah ich von
keinem Stande.

Vorhin, als ich vom Bedürfnis der Menge in einem solchen Falle sprach,
hab' ich das natürliche zufällige Amphitheater schon beschrieben, wie
ich das Volk hier übereinander gebaut sah. Ein lebhaftes
Händeklatschen hört' ich schon von weiten, jeder bedeutende Schlag war
davon begleitet. Das Spiel aber geht so vor sich: In gehöriger
Entfernung voneinander sind zwei gelindabhängige Bretterflächen
errichtet. Derjenige, der den Ball ausschlägt, steht, die Rechte mit
einem hölzernen breiten Stachelringe bewaffnet, auf der obersten Höhe.
Indem nun ein anderer von seiner Partei ihm den Ball zuwirft, so
läuft er herunter dem Ball entgegen und vermehrt dadurch die Gewalt
des Schlages, womit er denselben zu treffen weiß. Die Gegner suchen
ihn zurückzuschlagen, und so geht es hin und wider, bis er zuletzt im
Felde liegenbleibt. Die schönsten Stellungen, wert, in Marmor
nachgebildet zu werden, kommen dabei zum Vorschein. Da es lauter
wohlgewachsene, rüstige junge Leute sind, in kurzer, knapper, weißer
Kleidung, so unterscheiden sich die Parteien nur durch ein farbiges
Abzeichen. Besonders schön ist die Stellung, in welche der
Ausschlagende gerät, indem er von der schiefen Fläche herunterläuft
und den Ball zu treffen ausholt, sie nähert sich der des Borghesischen
Fechters.

Sonderbar kam es mir vor, daß sie diese übung an einer alten
Stadtmauer ohne die mindeste Bequemlichkeit für die Zuschauer
vornehmen; warum sie es nicht im Amphitheater tun, wo so schöner Raum
wäre!


Verona, den 17. September.

Was ich von Gemälden gesehen, will ich nur kurz berühren und einige
Betrachtungen hinzufügen. Ich mache diese wunderbare Reise nicht, um
mich selbst zu betriegen, sondern um mich an den Gegenständen kennen
zu lernen; da sage ich mir denn ganz aufrichtig, daß ich von der Kunst,
von dem Handwerk des Malers wenig verstehe. Meine Aufmerksamkeit,
meine Betrachtung kann nur auf den praktischen Teil, auf den
Gegenstand und auf die Behandlung desselben im allgemeinen gerichtet
sein.

St. Giorgio ist eine Galerie von guten Gemälden, alle Altarblätter, wo
nicht von gleichem Wert, doch durchaus merkwürdig. Aber die
unglückseligen Künstler, was mußten die malen! Und für wen! Ein
Mannaregen, vielleicht dreißig Fuß lang und zwanzig hoch! Das Wunder
der fünf Brote zum Gegenstück! Was war daran zu malen? Hungrige
Menschen, die über kleine Körner herfallen, unzählige andere, denen
Brot präsentiert wird. Die Künstler haben sich die Folter gegeben, um
solche Armseligkeiten bedeutend zu machen. Und doch hat, durch diese
Nötigung gereizt, das Genie schöne Sachen hervorgebracht. Ein
Künstler, der die heilige Ursula mit den eilftausend Jungfrauen
vorzustellen hatte, zog sich mit großem Verstand aus der Sache. Die
Heilige steht im Vordergrunde, als habe sie siegend das Land in Besitz
genommen. Sie ist sehr edel, amazonenhaft jungfräulich, ohne Reiz
gebildet; in der alles verkleinernden Ferne hingegen sieht man ihre
Schar aus den Schiffen steigen und in Prozession herankommen. "Die
Himmelfahrt Mariä" im Dom, von Tizian, ist sehr verschwärzt, der
Gedanke lobenswert, daß die angehende Göttin nicht himmelwärts,
sondern herab nach ihren Freunden blickt.

In der Galerie Gherardini fand ich sehr schöne Sachen von Orbetto und
lernte diesen verdienten Künstler auf einmal kennen. In der
Entfernung erfährt man nur von den ersten Künstlern, und oft begnügt
man sich mit ihren Namen; wenn man aber diesem Sternenhimmel
nähertritt und die von der zweiten und dritten Größe nun auch zu
flimmern anfangen, und jeder auch als zum ganzen Sternbild gehörend
hervortritt, dann wird die Welt weit und die Kunst reich. Den
Gedanken eines Bildes muß ich hier loben. Nur zwei Halbfiguren.
Simson ist eben im Schoße der Delila eingeschlafen, sie greift leise
über ihn hinweg nach einer Schere, die auf dem Tisch neben der Lampe
liegt. Die Ausführung ist sehr brav. Im Palast Canossa war mir eine
Danae bemerklich.

Der Palast Bevilacqua enthält die köstlichsten Sachen. Ein
sogenanntes Paradies von Tintorett, eigentlich aber die Krönung der
Maria zur Himmelskönigin in Gegenwart aller Erzväter, Propheten,
Apostel, Heiligen, Engel u. s. w., eine Gelegenheit, den ganzen
Reichtum des glücklichen Genies zu entwickeln. Leichtigkeit des
Pinsels, Geist, Mannigfaltigkeit des Ausdrucks, dies alles zu
bewundern und sich dessen zu erfreuen, müßte man das Stück selbst
besitzen und es zeitlebens vor Augen haben. Die Arbeit geht ins
Unendliche, ja die letzten in der Glorie verschwindenden Engelsköpfe
haben noch Charakter. Die größten Figuren mögen einen Fuß hoch sein,
Maria und Christus, der ihr die Krone aufsetzt, etwa vier Zoll. Die
Eva ist doch das schönste Weibchen auf dem Bilde und noch immer von
alters her ein wenig lüstern.

Ein paar Porträte von Paul Veronese haben meine Hochachtung für diesen
Künstler nur vermehrt. Die Antikensammlung ist herrlich, ein
hingestreckter Sohn der Niobe köstlich, die Büsten ungeachtet ihrer
restaurierten Nasen meistens höchst interessant, ein August mit der
Bürgerkrone, ein Caligula und andere.

Es liegt in meiner Natur, das Große und Schöne willig und mit Freuden
zu verehren, und diese Anlage an so herrlichen Gegenständen Tag für
Tag, Stunde für Stunde auszubilden, ist das seligste aller Gefühle.

In einem Lande, wo man des Tages genießt, besonders aber des Abends
sich erfreut, ist es höchst bedeutend, wenn die Nacht einbricht. Dann
hört die Arbeit auf, dann kehrt der Spaziergänger zurück, der Vater
will seine Tochter wieder zu Hause sehen, der Tag hat ein Ende; doch
was Tag sei, wissen wir Cimmerier kaum. In ewigem Nebel und Trübe ist
es uns einerlei, ob es Tag oder Nacht ist; denn wieviel Zeit können
wir uns unter freiem Himmel wahrhaft ergehen und ergötzen? Wie hier
die Nacht eintritt, ist der Tag entschieden vorbei, der aus Abend und
Morgen bestand, vierundzwanzig Stunden sind verlebt, eine neue
Rechnung geht an, die Glocken läuten, der Rosenkranz wird gebetet, mit
brennender Lampe tritt die Magd in das Zimmer und spricht:
"Felicissima notte!" Diese Epoche verändert sich mit jeder Jahreszeit,
und der Mensch, der hier lebendig lebt, kann nicht irre werden, weil
jeder Genuß seines Daseins sich nicht auf die Stunde, sondern auf die
Tageszeit bezieht. Zwänge man dem Volke einen deutschen Zeiger auf,
so würde man es verwirrt machen, denn der seinige ist innigst mit
seiner Natur verwebt. Anderthalb Stunden, eine Stunde vor Nacht fängt
der Adel an auszufahren, es geht auf den Brà, die lange, breite Straße
nach der Porta Nuova zu, das Tor hinaus, an der Stadt hin, und wie es
Nacht schlägt, kehrt alles um. Teils fahren sie an die Kirchen, das
"Ave Maria della sera" zu beten, teils halten sie auf dem Brà, die
Kavaliers treten an die Kutschen, unterhalten sich mit den Damen, und
es dauert eine Weile; ich habe das Ende niemals abgewartet, die
Fußgänger bleiben weit in die Nacht. Heute war gerade so viel Regen
niedergegangen, um den Staub zu löschen, es war wirklich ein
lebendiger, munterer Anblick.

Um mich ferner in einem wichtigen Punkte der Landesgewohnheit
gleichzustellen, habe ich mir ein Hülfsmittel erdacht, wie ich ihre
Stundenrechnung mir leichter zu eigen machte. Nachfolgendes Bild kann
davon einen Begriff geben. Der innere Kreis bedeutet unsere
vierundzwanzig Stunden von Mitternacht zu Mitternacht, in zweimal
zwölf geteilt, wie wir zählen und unsere Uhren sie zeigen. Der
mittlere Kreis deutet an, wie die Glocken in der jetzigen Jahreszeit
hier schlagen, nämlich gleichfalls zweimal bis zwölf in vierundzwanzig
Stunden, allein dergestalt, daß es eins schlägt, wenn es bei uns acht
schlüge, und so fort, bis zwölfe voll sind. Morgens acht Uhr nach
unserm Zeiger schlägt es wieder eins u. s. f. Der oberste Kreis zeigt
nun endlich, wie bis vierundzwanzig im Leben gezählt wird. Ich höre z.
B. in der Nacht sieben schlagen und weiß, daß Mitternacht um fünf
ist, so ziehe ich die Zahl von jener ab, und habe also zwei Uhr
Nachmitternacht. Hör' ich am Tage sieben schlagen und weiß, daß auch
Mittag um fünf Uhr ist, so verfahre ich ebenso und habe zwei Uhr
Nachmittag. Will ich aber die Stunden nach hiesiger Weise aussprechen,
so muß ich wissen, daß Mittag siebenzehn Uhr ist, hiezu füge ich noch
die zwei und sage neunzehn Uhr. Wenn man dies zum erstenmal hört und
überdenkt, so scheint es höchst verworren und schwer durchzuführen;
man wird es aber gar bald gewohnt und findet diese Beschäftigung
unterhaltend, wie sich auch das Volk an dem ewigen Hin--und
Widerrechnen ergötzt, wie Kinder an leicht zu überwindenden
Schwierigkeiten. Sie haben ohnedies immer die Finger in der Luft,
rechnen alles im Kopfe und machen sich gern mit Zahlen zu schaffen.
Ferner ist dem Inländer die Sache so viel leichter, weil er sich um
Mittag und Mitternacht eigentlich nicht bekümmert und nicht, wie der
Fremde in diesem Lande tut, zwei Zeiger miteinander vergleicht. Sie
zählen nur von Abend die Stunden, wie sie schlagen, am Tag addieren
sie die Zahl zu der ihnen bekannten abwechselnden Mittagszahl. Das
Weitere erläutern die der Figur beigefügten Anmerkungen.

Vergleichungskreis der italienischen und deutschen Uhren, auch der
italienischen Zeiger für die zweite Hälfte des Septembers.

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Verona, den 17. September.

Das Volk rührt sich hier sehr lebhaft durcheinander, besonders in
einigen Straßen, wo Kaufläden und Handwerksbuden aneinanderstoßen,
sieht es recht lustig aus. Da ist nicht etwa eine Tür vor dem Laden
oder Arbeitszimmer, nein, die ganze Breite des Hauses ist offen, man
sieht bis in die Tiefe und alles, was darin vorgeht. Die Schneider
nähen, die Schuster ziehen und pochen, alle halb auf der Gasse; ja die
Werkstätten machen einen Teil der Straße. Abends, wenn Lichter
brennen, sieht es recht lebendig.

Auf den Plätzen ist es an Markttagen sehr voll, Gemüse und Früchte
unübersehlich, Knoblauch und Zwiebeln nach Herzenslust. Übrigens
schreien, schäkern und singen sie den ganzen Tag, werfen und balgen
sich, jauchzen und lachen unaufhörlich. Die milde Luft, die wohlfeile
Nahrung läßt sie leicht leben. Alles, was nur kann, ist unter freiem
Himmel.

Nachts geht nun das Singen und Lärmen recht an. Das Liedchen von
Marlborough hört man auf allen Straßen, dann ein Hackebrett, eine
Violine. Sie üben sich, alle Vögel mit Pfeifen nachzumachen. Die
wunderlichsten Töne brechen überall hervor. Ein solches übergefühl
des Daseins verleiht ein mildes Klima auch der Armut, und der Schatten
des Volks scheint selbst noch ehrwürdig.

Die uns so sehr auffallende Unreinlichkeit und wenige Bequemlichkeit
der Häuser entspringt auch daher: sie sind immer draußen, und in ihrer
Sorglosigkeit denken sie an nichts. Dem Volk ist alles recht und gut,
der Mittelmann lebt auch von einem Tag zum andern, der Reiche und
Vornehme schließt sich in seine Wohnung, die eben auch nicht so
wohnlich ist wie im Norden. Ihre Gesellschaften halten sie in
öffentlichen Versammlungshäusern. Vorhöfe und Säulengänge sind alle
mit Unrat besudelt, und es geht ganz natürlich zu. Das Volk fühlt
sich immer vor. Der Reiche kann reich sein, Paläste bauen, der Nobile
darf regieren, aber wenn er einen Säulengang, einen Vorhof anlegt, so
bedient sich das Volk dessen zu seinem Bedürfnis, und es hat kein
dringenderes, als das so schnell wie möglich loszuwerden, was es so
häufig als möglich zu sich genommen hat. Will einer das nicht leiden,
so muß er nicht den großen Herrn spielen, d. h. er muß nicht tun, als
wenn ein Teil seiner Wohnung dem Publikum angehöre, er macht seine
Türe zu, und so ist es auch gut. An öffentlichen Gebäuden läßt sich
das Volk sein Recht nun gar nicht nehmen, und das ist's, worüber der
Fremde durch ganz Italien Beschwerde führt. Ich betrachtete heut' auf
mancherlei Wegen durch die Stadt die Tracht und die Manieren besonders
des Mittelstandes, der sich sehr häufig und geschäftig zeigt. Sie
schlenkern im Gehen alle mit den Armen. Personen von einem höhern
Stande, die bei gewissen Gelegenheiten einen Degen tragen, schlenkern
nur mit einem, weil sie gewohnt sind, den linken still zu halten.

Obgleich das Volk seinen Geschäften und Bedürfnissen sehr sorglos
nachgeht, so hat es doch auf alles Fremde ein scharfes Auge. So
konnt' ich die ersten Tage bemerken, daß jedermann meine Stiefel
betrachtete, da man sich derselben als einer teuern Tracht nicht
einmal im Winter bedient. Jetzt, da ich Schuh und Strümpfe trage,
sieht mich niemand mehr an. Aber merkwürdig war mir's, daß heute früh,
da sie alle mit Blumen, Gemüse, Knoblauch und so vielen andern
Markterzeugnissen durcheinander liefen, ihnen der Zypressenzweig nicht
entging, den ich in der Hand trug. Einige grüne Zapfen hingen daran,
und daneben hielt ich blühende Kapernzweige. Sie sahen alle, groß und
klein, mir auf die Finger und schienen wunderliche Gedanken zu haben.

Diese Zweige bracht' ich aus dem Garten Giusti, der eine treffliche
Lage und ungeheure Zypressen hat, die alle pfriemenartig in die Luft
stehen. Wahrscheinlich sind die spitz zugeschnittenen Taxus der
nordischen Gartenkunst Nachahmungen dieses herrlichen Naturprodukts.
Ein Baum, dessen Zweige von unten bis oben, die ältesten wie die
Jüngsten, gen Himmel streben, der seine dreihundert Jahre dauert, ist
wohl der Verehrung wert. Der Zeit nach, da der Garten angelegt worden,
haben diese schon ein so hohes Alter erreicht.


Vicenza, den 19. September.

Der Weg von Verona hieher ist sehr angenehm, man fährt nordostwärts an
den Gebirgen hin und hat die Vorderberge, die aus Sand, Kalk, Ton,
Mergel bestehen, immer linker Hand; auf den Hügeln, die sie bilden,
liegen Orte, Schlösser, Häuser. Rechts verbreitet sich die weite
Fläche, durch die man fährt. Der gerade, gut unterhaltene, breite Weg
geht durch fruchtbares Feld, man blickt in tiefe Baumreihen, an
welchen die Reben in die Höhe gezogen sind, die sodann, als wären es
luftige Zweige, herunterfallen. Hier kann man sich eine Idee von
Festonen bilden! Die Trauben sind zeitig und beschweren die Ranken,
die lang und schwankend niederhängen. Der Weg ist voll Menschen aller
Art und Gewerbes, besonders freuten mich die Wagen mit niedrigen,
tellerartigen Rädern, die, mit vier Ochsen bespannt, große Kufen hin
und wider führen, in welchen die Weintrauben aus den Gärten geholt und
gestampft werden. Die Führer standen, wenn sie leer waren, drinnen,
es sah einem bacchischen Triumphzug ganz ähnlich. Zwischen den
Weinreihen ist der Boden zu allerlei Arten Getreide, besonders zu
Türkischkorn und Sörgel benutzt.

Kommt man gegen Vicenza, so steigen wieder Hügel von Norden nach Süden
auf, sie sind vulkanisch, sagt man, und schließen die Ebene. Vicenza
liegt an ihrem Fuße und, wenn man will, in einem Busen, den sie bilden.



Vicenza, den 19. September.

Vor einigen Stunden bin ich hier angekommen, habe schon die Stadt
durchlaufen, das Olympische Theater und die Gebäude des Palladio
gesehen. Man hat ein sehr artiges Büchelchen mit Kupfern zur
Bequemlichkeit der Fremden herausgegeben mit einem kunstverständigen
Texte. Wenn man nun diese Werke gegenwärtig sieht, so erkennt man
erst den großen Wert derselben; denn sie sollen ja durch ihre
wirkliche Größe und Körperlichkeit das Auge füllen und durch die
schöne Harmonie ihrer Dimensionen nicht nur in abstrakten Aufrissen,
sondern mit dem ganzen perspektivischen Vordringen und Zurückweichen
den Geist befriedigen; und so sag' ich vom Palladio: er ist ein recht
innerlich und von innen heraus großer Mensch gewesen. Die höchste
Schwierigkeit, mit der dieser Mann wie alle neuern Architekten zu
kämpfen hatte, ist die schickliche Anwendung der Säulenordnungen in
der bürgerlichen Baukunst; denn Säulen und Mauern zu verbinden, bleibt
doch immer ein Widerspruch. Aber wie er das untereinander gearbeitet
hat, wie er durch die Gegenwart seiner Werke imponiert und vergessen
macht, daß er nur überredet! Es ist wirklich etwas Göttliches in
seinen Anlagen, völlig wie die Force des großen Dichters, der aus
Wahrheit und Lüge ein Drittes bildet, dessen erborgtes Dasein uns
bezaubert.

Das Olympische Theater ist ein Theater der Alten, im kleinen
realisiert und unaussprechlich schön, aber gegen die unsrigen kömmt
mir's vor wie ein vornehmes, reiches, wohlgebildetes Kind gegen einen
klugen Weltmenschen, der, weder so vornehm, noch so reich, noch
wohlgebildet, besser weiß, was er mit seinen Mitteln bewirken kann.

Betrachtet man nun hier am Orte die herrlichen Gebäude, die jener Mann
aufführte, und sieht, wie sie schon durch das enge, schmutzige
Bedürfnis der Menschen entstellt sind, wie die Anlagen meist über die
Kräfte der Unternehmer waren, wie wenig diese köstlichen Denkmale
eines hohen Menschengeistes zu dem Leben der übrigen passen, so fällt
einem denn doch ein, daß es in allem andern ebenso ist; denn man
verdient wenig Dank von den Menschen, wenn man ihr inneres Bedürfnis
erhöhen, ihnen eine große Idee von ihnen selbst geben, ihnen das
Herrliche eines wahren, edlen Daseins zum Gefühl bringen will. Aber
wenn man die Vögel belügt, Märchen erzählt, von Tag zu Tag ihnen
forthelfend, sie verschlechtert, da ist man ihr Mann, und darum
gefällt sich die neuere Zeit in so viel Abgeschmacktem. Ich sage das
nicht, um meine Freunde herunterzusetzen, ich sage nur, daß sie so
sind, und daß man sich nicht verwundern muß, wenn alles ist, wie es
ist.

Wie sich die Basilika des Palladio neben einem alten, mit ungleichen
Fenstern übersäten, kastellähnlichen Gebäude ausnimmt, welches der
Baumeister zusamt dem Turm gewiß weggedacht hat, ist nicht
auszudrücken, und ich muß mich schon auf eine wunderliche Weise
zusammenfassen; denn ich finde auch hier leider gleich das, was ich
fliehe und suche, nebeneinander.


Den 20. September.

Gestern war Oper, sie dauerte bis nach Mitternacht, und ich sehnte
mich, zu ruhen. "Die drei Sultaninnen" und "Die Entführung aus dem
Serail" haben manche Fetzen hergegeben, woraus das Stück mit weniger
Klugheit zusammengeflickt ist. Die Musik hörte sich bequem an, ist
aber wahrscheinlich von einem Liebhaber, kein neuer Gedanke, der mich
getroffen hätte. Die Ballette dagegen sind allerliebst. Das
Hauptpaar tanzte eine Allemande, daß man nichts Zierlichers sehen
konnte.

Das Theater ist neu, lieblich, schön, modestprächtig, alles uniform,
wie es einer Provinzialstadt geziemt, jede Loge hat ihren
übergeschlagenen gleichfarbigen Teppich, die des Kapitan Grande ist
nur durch einen etwas längern überhang ausgezeichnet.

Die erste Sängerin, vom ganzen Volke sehr begünstigt, wird, wie sie
auftritt, entsetzlich beklatscht, und die Vögel stellen sich vor
Freuden ganz ungebärdig, wenn sie etwas recht gut macht, welches sehr
oft geschieht. Es ist ein natürlich Wesen, hübsche Figur, schöne
Stimme, ein gefällig Gesicht und von einem recht honetten Anstand; in
den Armen könnte sie etwas mehr Grazie haben. Indessen komme ich denn
doch nicht wieder, ich fühle, daß ich zum Vogel verdorben bin.


Den 21. September.

Heute besuchte ich Doktor Turra; wohl fünf Jahre hat er sich mit
Leidenschaft auf die Pflanzenkunde gelegt, ein Herbarium der
italienischen Flora gesammelt, unter dem vorigen Bischof einen
botanischen Garten eingerichtet. Das ist aber alles hin.
Medizinische Praxis vertrieb die Naturgeschichte, das Herbarium wird
von Würmern gespeist, der Bischof ist tot und der botanische Garten
wieder, wie billig, mit Kohl und Knoblauch bepflanzt.

Doktor Turra ist ein gar feiner, guter Mann. Er erzählte mir mit
Offenheit, Seelenreinheit und Bescheidenheit seine Geschichte und
sprach überhaupt sehr bestimmt und gefällig, hatte aber nicht Lust,
seine Schränke aufzutun, die vielleicht in keinem präsentablen
Zustande sein mochten. Der Diskurs kam bald ins Stocken.


Den 21. September, abends.

Ich ging zum alten Baumeister Scamozzi, der des Palladio Gebäude
herausgegeben hat und ein wackerer, leidenschaftlicher Künstler ist.
Er gab mir einige Anleitung, vergnügt über meine Teilnahme. Unter den
Gebäuden des Palladio ist eins, für das ich immer eine besondere
Vorliebe hatte, es soll seine eigne Wohnung gewesen sein; aber in der
Nähe ist es weit mehr, als man im Bilde sieht. Ich möchte es
gezeichnet und mit den Farben illuminiert haben, die ihm das Material
und das Alter gegeben. Man muß aber nicht denken, daß der Baumeister
sich einen Palast errichtet habe. Es ist das bescheidenste Haus von
der Welt, hat nur zwei Fenster, die durch einen breiten Raum, der das
dritte Fenster vertrüge, abgesondert sind. Wollte man es zum Gemälde
nachbilden, so daß die Nachbarhäuser mit vorgestellt würden, so wäre
auch das vergnüglich anzusehen, wie es zwischen sie eingeschaltet ist.
Das hätte Canalett malen sollen.

Heute besuchte ich das eine halbe Stunde von der Stadt auf einer
angenehmen Höhe liegende Prachthaus, die Rotonda genannt. Es ist ein
viereckiges Gebäude, das einen runden, von oben erleuchteten Saal in
sich schließt. Von allen vier Seiten steigt man auf breiten Treppen
hinan und gelangt jedesmal in eine Vorhalle, die von sechs
korinthischen Säulen gebildet wird. Vielleicht hat die Baukunst ihren
Luxus niemals höher getrieben. Der Raum, den die Treppen und
Vorhallen einnehmen, ist viel größer als der des Hauses selbst; denn
jede einzelne Seite würde als Ansicht eines Tempels befriedigen.
Inwendig kann man es wohnbar, aber nicht wöhnlich nennen. Der Saal
ist von der schönsten Proportion, die Zimmer auch; aber zu den
Bedürfnissen eines Sommeraufenthalts einer vornehmen Familie würden
sie kaum hinreichen. Dafür sieht man es auch in der ganzen Gegend von
allen Seiten sich auf das herrlichste darstellen. Die
Mannigfaltigkeit ist groß, in der sich seine Hauptmasse zugleich mit
den vorspringenden Säulen vor dem Auge der Umherwandelnden bewegt, und
die Absicht des Besitzers ist vollkommen erreicht, der ein großes
Fideikommißgut und zugleich ein sinnliches Denkmal seines Vermögens
hinterlassen wollte. Und wie nun das Gebäude von allen Punkten der
Gegend in seiner Herrlichkeit gesehen wird, so ist die Aussicht von
daher gleichfalls die angenehmste. Man sieht den Bachiglione fließen,
Schiffe von Verona herab gegen die Brenta führend; dabei überschaut
man die weiten Besitzungen, welche Marchese Capra unzertrennt bei
seiner Familie erhalten wollte. Die Inschriften der vier Giebelseiten,
die zusammen eine ganze ausmachen, verdienen wohl aufgezeichnet zu
werden:

Marcus Capra Gabrielis filius
qui aedes has
arctissimo primogeniturae gradui subjecit
una cum omnibus
censibus agris vallibus et collibus
citra viam magnam
memoriae perpetuae mandans haec
dum sustinet ac abstinet.


Der Schluß besonders ist seltsam genug: ein Mann, dem so viel Vermögen
und Wille zu Gebote stand, fühlt noch, daß er dulden und entbehren
müsse. Das kann man mit geringerm Aufwand lernen.


Den 22. September.

Heute abend war ich in einer Versammlung, welche die Akademie der
Olympier hielt. Ein Spielwerk, aber ein recht gutes, es erhält noch
ein bißchen Salz und Leben unter den Leuten. Ein großer Saal neben
dem Theater des Palladio, anständig erleuchtet, der Kapitan und ein
Teil des Adels zugegen, übrigens durchaus ein Publikum von gebildeten
Personen, viele Geistliche, zusammen ungefähr fünfhundert.

Die von dem Präsidenten für die heutige Sitzung aufgegebene Frage war,
ob Erfindung oder Nachahmung den schönen Künsten mehr Vorteil gebracht
habe. Der Einfall war glücklich genug; denn wenn man die in der Frage
liegende Alternative trennt, so läßt sich hundert Jahre hinüber und
herüber sprechen. Auch haben sich die Herren Akademiker dieser
Gelegenheit weidlich bedient und in Prosa und Versen mancherlei
hervorgebracht, worunter viel Gutes.

Sodann ist es das lebendigste Publikum. Die Zuhörer riefen Bravo,
klatschten und lachten. Wenn man auch vor seiner Nation so stehen und
sie persönlich belustigen dürfte! Wir geben unser Bestes schwarz auf
weiß: jeder kauzt sich damit in eine Ecke und knopert daran, wie er
kann.

Es läßt sich denken, daß Palladio auch diesmal an allen Orten und
Enden war, es mochte von Erfinden oder Nachahmen die Rede sein.
Zuletzt, wo immer das Scherzhafteste gefordert wird, hatte einer den
glücklichen Einfall, zu sagen, die andern hätten ihm den Palladio
weggenommen, er wolle dagegen den Franceschini loben, den großen
Seidenfabrikanten. Nun fing er an zu zeigen, was die Nachahmung der
Lyoner und Florentiner Stoffe diesem tüchtigen Unternehmer und durch
ihn der Stadt Vicenza für Vorteil gebracht habe, woraus erfolge, daß
die Nachahmung weit über die Erfindung erhaben sei. Und dies geschah
mit so gutem Humor, daß ein ununterbrochenes Gelächter erregt ward.
Überhaupt fanden die, welche für die Nachahmung sprachen, mehr Beifall;
denn sie sagten lauter Dinge, wie sie der Haufen denkt und denken
kann. Einmal gab das Publikum mit großem Händeklatschen einem recht
groben Sophism seinen herzlichen Beifall, da es viele gute, ja
treffliche Sachen zu Ehren der Erfindung nicht gefühlt hatte. Es
freut mich sehr, auch dieses erlebt zu haben, und dann ist es höchst
erquickend, den Palladio nach so viel Zeit immer noch als Polarstern
und Musterbild von seinen Mitbürgern verehrt zu sehen.


Den 22. September.

Heute früh war ich in Tiene, das nordwärts gegen die Gebirge liegt, wo
ein neu Gebäude nach einem alten Risse aufgeführt wird, wobei wenig zu
erinnern sein möchte. So ehrt man hier alles aus der guten Zeit und
hat Sinn genug, nach einem geerbten Plan ein frisches Gebäude
aufzuführen. Das Schloß liegt ganz trefflich in einer großen Plaine,
die Kalkalpen ohne Zwischengebirg hinter sich. Vom Gebäude her neben
der schnurgeraden Chaussee fließt zu beiden Seiten lebendiges Wasser
dem Kommenden entgegen und wässert die weiten Reisfelder, durch die
man fährt.

Ich habe nun erst die zwei italienischen Städte gesehen und mit wenig
Menschen gesprochen, aber ich kenne meine Italiener schon gut. Sie
sind wie Hofleute, die sich fürs erste Volk in der Welt halten und bei
gewissen Vorteilen, die man ihnen nicht leugnen kann, sich's
ungestraft und bequem einbilden können. Mir erscheinen die Italiener
als eine recht gute Nation: man muß nur die Kinder und die gemeinen
Leute sehen, wie ich sie jetzt sehe und sehen kann, da ich ihnen immer
ausgesetzt bin und mich ihnen immer aussetze. Und was das für Figuren
und Gesichter sind!

Besonders muß ich die Vicentiner loben, daß man bei ihnen die
Vorrechte einer großen Stadt genießt. Sie sehen einen nicht an, man
mag machen, was man will; wendet man sich jedoch an sie, dann sind sie
gesprächig und anmutig, besonders wollen mir die Frauen sehr gefallen.
Die Veroneserinnen will ich nicht schelten, sie haben eine gute
Bildung und entschiedene Profile; aber meistens bleich, und der Zendal
tut ihnen Schaden, weil man unter der schönen Tracht auch etwas
Reizendes sucht. Hier aber finde ich gar hübsche Wesen, besonders
eine schwarzlockige Sorte, die mir ein eigenes Interesse einflößt. Es
gibt auch noch eine blonde, die mir aber nicht so behagen will.


Padua, den 26. September, abends.

In vier Stunden bin ich heute von Vicenza herübergefahren, auf ein
einsitziges Chaischen, Sediola genannt, mit meiner ganzen Existenz
gepackt. Man fährt sonst bequem in vierthalb Stunden; da ich aber den
köstlichen Tag gern unter freiem Himmel genießen wollte, so war es mir
angenehm, daß der Vetturin hinter seiner Schuldigkeit zurückblieb.
Man fährt in der fruchtbarsten Ebene immer südostwärts, zwischen
Hecken und Bäumen, ohne weitere Aussicht, bis man endlich die schönen
Gebirge, von Norden gegen Süden streichend, zur rechten Hand sieht.
Die Fülle der Pflanzen--und Fruchtgehänge über Mauern und Hecken, an
Bäumen herunter, ist unbeschreiblich. Kürbisse beschweren die Dächer,
und die wunderlichsten Gurken hängen an Latten und Spalieren.

Die herrliche Lage der Stadt konnte ich vom Observatorium aufs klärste
überschauen. Gegen Norden Tiroler Gebirge, beschneit, in Wolken halb
versteckt, an die sich in Nordwest die vicentinischen anschließen,
endlich gegen Westen die näheren Gebirge von Este, deren Gestalten und
Vertiefungen man deutlich sehen kann. Gegen Südost ein grünes
Pflanzenmeer, ohne eine Spur von Erhöhung, Baum an Baum, Busch an
Busch, Pflanzung an Pflanzung, unzählige weiße Häuser, Villen und
Kirchen aus dem Grünen hervorblickend. Am Horizont sah ich ganz
deutlich den Markusturm zu Venedig und andere geringere Türme.


Padua, den 27. September.

Endlich habe ich die Werke des Palladio erlangt, zwar nicht die
Originalausgabe, die ich in Vicenza gesehen, deren Tafeln in Holz
geschnitten sind, aber eine genaue Kopie, ja ein Faksimile in Kupfer,
veranstaltet durch einen vortrefflichen Mann, den ehemaligen
englischen Konsul Smith in Venedig. Das muß man den Engländern lassen,
daß sie von lange her das Gute zu schätzen wußten, und daß sie eine
grandiose Art haben, es zu verbreiten.

Bei Gelegenheit dieses Ankaufs betrat ich einen Buchladen, der in
Italien ein ganz eigenes Ansehen hat. Alle Bücher stehen geheftet
umher, und man findet den ganzen Tag über gute Gesellschaft. Was von
Weltgeistlichen, Edelleuten, Künstlern einigermaßen mit der Literatur
verwandt ist, geht hier auf und ab. Man verlangt ein Buch, schlägt
nach, liest und unterhält sich, wie es kommen will. So fand ich etwa
ein halb Dutzend beisammen, welche sämtlich, als ich nach den Werken
des Palladio fragte, auf mich aufmerksam wurden. Indes der Herr des
Ladens das Buch suchte, rühmten sie es und gaben mir Notiz von dem
Originale und der Kopie, sie waren mit dem Werke selbst und dem
Verdienst des Verfassers sehr wohl bekannt. Da sie mich für einen
Architekten hielten, lobten sie mich, daß ich vor allen andern zu den
Studien dieses Meisters schritte, er leiste zu Gebrauch und Anwendung
mehr als Vitruv selbst, denn er habe die Alten und das Altertum
gründlich studiert und es unsern Bedürfnissen näherzuführen gesucht.
Ich unterhielt mich lange mit diesen freundlichen Männern, erfuhr noch
einiges, die Denkwürdigkeiten der Stadt betreffend, und empfahl mich.

Da man denn doch einmal den Heiligen Kirchen gebaut hat, so findet
sich auch wohl darin ein Platz, wo man vernünftige Menschen aufstellen
kann. Die Büste des Kardinals Bembo steht zwischen ionischen Säulen,
ein schönes, wenn ich so sagen soll, mit Gewalt in sich gezogenes
Gesicht und ein mächtiger Bart; die Inschrift lautet:

Petri Bembi Card. imaginem Hier. Guerinus Ismeni f. in publico
ponendam curavit ut cujus ingenii monumenta aeterna sint ejus corporis
quoque memoria ne aber posteritate desideretur.

Das Universitätsgebäude hat mich mit aller seiner Würde erschreckt.
Es ist mir lieb, daß ich darin nichts zu lernen hatte. Eine solche
Schulenge denkt man sich nicht, ob man gleich als Studiosus deutscher
Akademien auf den Hörbänken auch manches leiden müssen. Besonders ist
das anatomische Theater ein Muster, wie man Schüler zusammenpressen
soll. In einem spitzen, hohen Trichter sind die Zuhörer übereinander
geschichtet. Sie sehen steil herunter auf den engen Boden, wo der
Tisch steht, auf den kein Licht fällt, deshalb der Lehrer bei
Lampenschein demonstrieren muß. Der botanische Garten ist desto
artiger und munterer. Es können viele Pflanzen auch den Winter im
Lande bleiben, wenn sie an Mauern oder nicht weit davon gesetzt sind.
Man überbaut alsdann das Ganze zu Ende des Oktobers und heizt die
wenigen Monate. Es ist erfreuend und belehrend, unter einer
Vegetation umherzugehen, die uns fremd ist. Bei gewohnten Pflanzen
sowie bei andern längst bekannten Gegenständen denken wir zuletzt gar
nichts, und was ist Beschauen ohne Denken? Hier in dieser neu mir
entgegentretenden Mannigfaltigkeit wird jener Gedanke immer lebendiger,
daß man sich alle Pflanzengestalten vielleicht aus einer entwickeln
könne. Hiedurch würde es allein möglich werden, Geschlechter und
Arten wahrhaft zu bestimmen, welches, wie mich dünkt, bisher sehr
willkürlich geschieht. Auf diesem Punkte bin ich in meiner
botanischen Philosophie steckengeblieben, und ich sehe noch nicht, wie
ich mich entwirren will. Die Tiefe und Breite dieses Geschäfts
scheint mir völlig gleich.

Der große Platz, Prato della Valle genannt, ist ein sehr weiter Raum,
wo der Hauptmarkt im Juni gehalten wird. Hölzerne Buden in seiner
Mitte geben freilich nicht das vorteilhafteste Ansehn, die Einwohner
aber versichern, daß man auch bald hier eine Fiera von Stein wie die
zu Verona sehen werde. Hiezu gibt freilich schon jetzt die Umgebung
des Platzes gegründete Hoffnung, welche einen sehr schönen und
bedeutenden Anblick gewährt.

Ein ungeheures Oval ist ringsum mit Statuen besetzt, alle berühmten
Männer vorstellend, welche hier gelehrt und gelernt haben. Einem
jeden Einheimischen und Fremden ist erlaubt, irgendeinem Landsmann
oder Verwandten hier eine Bildsäule von bestimmter Größe zu errichten,
sobald das Verdienst der Person und der akademische Aufenthalt zu
Padua bewiesen ist.

Um das Oval umher geht ein Wassergraben. Auf den vier Brücken, die
hinaufführen, stehen Päpste und Dogen kolossal, die übrigen, kleiner,
sind von Zünften, Partikuliers und Fremden gesetzt. Der König von
Schweden ließ Gustav Adolfen hinstellen, weil man sagt, derselbe habe
einmal in Padua eine Lektion angehört. Der Erzherzog Leopold
erneuerte das Andenken Petrarchs und Galileis. Die Statuen sind in
einer braven modernen Manier gemacht, wenige übermanieriert, einige
recht natürlich, sämtlich im Kostüm ihrer Zeit und Würden. Die
Inschriften sind auch zu loben. Es findet sich nichts Abgeschmacktes
und Kleinliches darunter.

Auf jeder Universität wäre der Gedanke sehr glücklich gewesen, auf
dieser ist er am glücklichsten, weil es sehr wohltut, eine völlige
Vergangenheit wieder hervorgerufen zu sehen. Es kann ein recht
schöner Platz werden, wenn sie die hölzerne Fiera wegschaffen und eine
von Stein erbauen, wie der Plan sein soll.

In dem Versammlungsorte einer dem heiligen Antonius gewidmeten
Brüderschaft sind ältere Bilder, welche an die alten Deutschen
erinnern, dabei auch einige von Tizian, wo schon der große Fortschritt
merklich ist, den über den Alpen niemand für sich getan hat. Gleich
darauf sah ich einiges von den neusten. Diese Künstler haben, da sie
das hohe Ernste nicht mehr erreichen konnten, das Humoristische sehr
glücklich getroffen. Die Enthauptung Johannes', von Piazetta, ist,
wenn man des Meisters Manier zugibt, in diesem Sinne ein recht braves
Bild. Johannes kniet, die Hände vor sich hinfaltend, mit dem rechten
Knie an einen Stein. Er sieht gen Himmel. Ein Kriegsknecht, der ihn
hinten gebunden hält, biegt sich an der Seite herum und sieht ihm ins
Gesicht, als wenn er über die Gelassenheit erstaunte, womit der Mann
sich hingibt. In der Höhe steht ein anderer, der den Streich
vollführen soll, hat aber das Schwert nicht, sondern macht nur mit den
Händen die Gebärde, wie einer, der den Streich zum voraus versuchen
will. Das Schwert zieht unten ein dritter aus der Scheide. Der
Gedanke ist glücklich, wenn auch nicht groß, die Komposition frappant
und von der besten Wirkung.

In der Kirche der Eremitaner habe ich Gemälde von Mantegna gesehen,
einem der älteren Maler, vor denen ich erstaunt bin. Was in diesen
Bildern für eine scharfe, sichere Gegenwart dasteht! Von dieser ganz
wahren, nicht etwa scheinbaren, effektlügenden, bloß zur
Einbildungskraft sprechenden, sondern derben, reinen, lichten,
ausführlichen, gewissenhaften, zarten, umschriebenen Gegenwart, die
zugleich etwas Strenges, Emsiges, Mühsames hatte, gingen die folgenden
Maler aus, wie ich an Bildern von Tizian bemerkte, und nun konnte die
Lebhaftigkeit ihres Genies, die Energie ihrer Natur, erleuchtet von
dem Geiste ihrer Vorfahren, auferbaut durch ihre Kraft, immer höher
und höher steigen, sich von der Erde heben und himmlische, aber wahre
Gestalten hervorbringen. So entwickelte sich die Kunst nach der
barbarischen Zeit.

Der Audienzsaal des Rathauses, mit Recht durch das Augmentativum
Salone betitelt, das ungeheuerste abgeschlossene Gefäß, das man sich
nicht vorstellen, auch nicht einmal in der nächsten Erinnerung
zurückrufen kann. Dreihundert Fuß lang, hundert Fuß breit und bis in
das der Länge nach ihn deckende Gewölbe hundert Fuß hoch. So gewohnt
sind diese Menschen, im Freien zu leben, daß die Baumeister einen
Marktplatz zu überwölben fanden. Und es ist keine Frage, daß der
ungeheure überwölbte Raum eine eigene Empfindung gibt. Es ist ein
abgeschlossenes Unendliches, dem Menschen analoger als der Sternhimmel.
Dieser reißt uns aus uns selbst hinaus, jener drängt uns auf die
gelindeste Weise in uns selbst zurück.

So verweil' ich auch gern in der Kirche der heiligen Justine. Diese
vierhundertfünfundachtzig Fuß lang, verhältnismäßig hoch und breit,
groß und einfach gebaut. Heut' abend setzt' ich mich in einen Winkel
und hatte meine stille Betrachtung; da fühlt' ich mich recht allein,
denn kein Mensch in der Welt, der in dem Augenblick an mich gedacht
hätte, würde mich hier gesucht haben.




 


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